Neue Motorradreifen sind ein spannender Moment für jeden Fahrer – endlich frischer Grip, präzises Handling und ein sicheres Fahrgefühl. Doch bevor du deine Maschine voll ausfährst, solltest du wissen: Neue Motorradreifen müssen eingefahren werden. In den ersten Kilometern besitzen sie noch nicht die optimale Haftung, was das Risiko für Rutscher in Kurven oder verlängerte Bremswege erhöhen kann.
Warum ist das so, wie lange dauert die Einfahrphase und worauf musst du dabei achten? In diesem Ratgeber erfährst du, warum das Einfahren neuer Motorradreifen wichtig ist, wie du dabei Schritt für Schritt vorgehst und welche typischen Fehler du vermeiden solltest. Außerdem bekommst du praktische Tipps für das Einfahren im Regen und erfährst, woran du erkennst, wann deine Reifen wirklich eingefahren sind.
Neue Motorradreifen sind technisch präzise gefertigt, doch in den ersten Kilometern besitzen sie nicht die volle Haftung. Das liegt an der glatten Oberfläche, die während der Produktion entsteht, und an Rückständen von Trennmitteln, die verhindern, dass der Reifen in der Gussform klebt. Dadurch fühlt sich das Fahrverhalten anfangs ungewohnt an – vor allem in Kurven und bei abruptem Bremsen.
Ignorierst du die Einfahrphase, kann das spürbare Folgen haben. Der Reifen hat noch keine gleichmäßig raue Oberfläche und somit weniger Grip. In Kurven kann er schneller die Haftung verlieren, beim Bremsen verlängert sich der Bremsweg, und bei starker Beschleunigung kann das Hinterrad durchdrehen.
Kurz gesagt:
Neue Motorradreifen haften anfangs schlechter.
Ohne Einfahren fehlt die Mikroverzahnung zwischen Gummi und Asphalt.
Das Risiko für Rutscher, längere Bremswege und unsicheres Handling steigt.
Tipp:
Plane für neue Reifen etwa 100 bis 200 Kilometer Einfahrzeit ein und vermeide in dieser Phase starkes Beschleunigen, abruptes Bremsen und extreme Schräglagen.
Bei der Herstellung von Motorradreifen kommen Trennmittel zum Einsatz, um sie leichter aus der Form zu lösen. Diese Schicht sorgt zwar für eine makellose Oberfläche, reduziert aber zunächst die Reibung mit dem Asphalt.
| Ursache | Auswirkung auf den Grip | Lösung |
|---|---|---|
| Glatte Reifenoberfläche | Verminderte Haftung auf der Fahrbahn | Durch Reibung beim Fahren aufrauen |
| Trennmittelreste | Reduzierter Reibungswert zwischen Gummi und Asphalt | Einfahren mit moderater Geschwindigkeit |
| Gleichmäßige Belastung fehlt | Ungleichmäßige Abnutzung und Haftung | Sanftes Beschleunigen und dosiertes Bremsen |
Je gleichmäßiger du den Reifen während der ersten Kilometer beanspruchst, desto harmonischer entwickelt sich die Haftung. So baust du das Vertrauen in deine neuen Reifen sicher auf.
Wenn du neue Reifen ohne Einfahrphase fährst, gehst du ein unnötiges Sicherheitsrisiko ein. Besonders gefährlich sind:
Kurvenfahrten mit starker Schräglage: Die Reifenflanken sind noch unbenutzt und besonders glatt.
Harte Bremsmanöver: Der Grip reicht noch nicht aus, um hohe Verzögerungskräfte sicher zu übertragen.
Volle Beschleunigung: Der Hinterreifen kann durchdrehen, wenn die Reibung zu gering ist.
Tipp:
Achte in den ersten 200 Kilometern auf ein gleichmäßiges Fahrverhalten. Vermeide Vollbremsungen und fahre Kurven mit moderater Schräglage an. Erst wenn die Oberfläche leicht aufgeraut und matt erscheint, ist der Reifen eingefahren.
Wie lange die Einfahrphase neuer Motorradreifen dauert, hängt von mehreren Faktoren ab. Neben den Herstellerangaben spielen dein Fahrstil, die Streckenbeschaffenheit und die Witterungsbedingungen eine wichtige Rolle. Grundsätzlich gilt: Lieber etwas länger vorsichtig fahren, als das Risiko eines Rutschers in Kauf zu nehmen.
Die meisten Reifenhersteller empfehlen eine Einfahrzeit von 50 bis 100 Kilometern. Diese Werte sind Richtwerte, keine festen Vorgaben. Sie sollen dir helfen, ein Gefühl für deine neuen Reifen zu entwickeln und die Oberfläche gleichmäßig einzufahren.
| Hersteller | Empfohlene Einfahrstrecke | Hinweise |
|---|---|---|
| Michelin | 50–100 km | Gleichmäßige Fahrt, keine Vollbremsungen |
| Pirelli | ca. 100 km | Kurven langsam steigern |
| Metzeler | 100–200 km | Fahrstil an Wetter und Temperatur anpassen |
| Bridgestone | 100 km | Keine extremen Schräglagen |
| Continental | 100–200 km | Sanftes Beschleunigen und Bremsen |
Tipp:
Auch wenn dein Hersteller eine kürzere Einfahrzeit nennt, solltest du bei niedrigen Temperaturen oder auf feuchter Fahrbahn zusätzliche Vorsicht walten lassen. Der Gummi braucht bei kühlem Asphalt länger, um die optimale Haftung zu erreichen.
Wie schnell sich neue Motorradreifen einfahren, hängt stark davon ab, wie du fährst. Wer auf langen, geraden Landstraßen unterwegs ist, beansprucht die Reifenmitte, während die Flanken kaum abgenutzt werden. Dadurch verlängert sich die Einfahrzeit, weil der Reifen in Kurvenbereichen weiterhin glatt bleibt.
Gerade Strecken: längere Einfahrzeit, da die Flanken kaum genutzt werden
Kurvige Landstraßen: gleichmäßiger Verschleiß über die gesamte Lauffläche
Häufige Tempowechsel: fördert das gleichmäßige Aufrauen der Oberfläche
Starkes Beschleunigen oder Bremsen: kann zu ungleichmäßiger Abnutzung führen
Je abwechslungsreicher dein Fahrprofil in den ersten 200 Kilometern ist, desto schneller bildet sich eine griffige, gleichmäßige Oberfläche auf beiden Reifen.
Ob dein Reifen vollständig eingefahren ist, lässt sich leicht erkennen – du brauchst dafür nur ein geschultes Auge und etwas Gefühl beim Fahren.
Typische Merkmale:
Die Reifenoberfläche ist nicht mehr glänzend, sondern leicht matt und rau.
Das Motorrad liegt ruhiger in Kurven, ohne unvorhersehbare Rutschbewegungen.
Der Reifen zeigt gleichmäßigen Abrieb über die gesamte Lauffläche, auch an den Flanken.
Damit deine neuen Motorradreifen schnell und sicher ihre volle Haftung erreichen, solltest du beim Einfahren strukturiert vorgehen. Es geht nicht darum, möglichst viele Kilometer abzuspulen, sondern darum, die Reifen gleichmäßig zu beanspruchen. Mit dieser einfachen Anleitung machst du von Anfang an alles richtig.
Bevor du überhaupt losfährst, ist ein technischer Check Pflicht. Der richtige Reifendruck ist entscheidend dafür, wie sich der neue Reifen auf der Straße verhält. Ein zu niedriger Druck führt zu ungleichmäßigem Verschleiß und schlechterem Handling, während ein zu hoher Druck den Grip reduziert.
Tabelle: Optimaler Reifendruck je Motorradtyp (Richtwerte)
| Motorradtyp | Vorderreifen | Hinterreifen |
|---|---|---|
| Supersportler | 2,3 bar | 2,5 bar |
| Naked Bike | 2,3 bar | 2,6 bar |
| Tourer | 2,5 bar | 2,9 bar |
| Enduro | 2,2 bar | 2,5 bar |
Zusätzlich solltest du prüfen, ob ein leichtes Flattern im Lenker auftritt. Spürst du Vibrationen oder Unwuchten, lass die Reifen auswuchten, bevor du dich in den Straßenverkehr begibst. Ein sauber ausgewuchteter Reifen sorgt für Laufruhe und gleichmäßigen Abrieb – die Basis für sicheres Einfahren.
In den ersten fünf bis zehn Kilometern lernen sich dein Motorrad und die neuen Reifen gewissermaßen kennen. Diese Phase dient dazu, ein Gefühl für das Fahrverhalten zu entwickeln und die Reifenoberfläche gleichmäßig zu erwärmen.
Checkliste für den Start:
Fahre auf leeren Straßen oder großen Parkflächen, um das Verhalten sicher zu testen.
Vermeide starke Beschleunigung und abruptes Bremsen.
Halte gleichmäßige Geschwindigkeit und vermeide extreme Schräglagen.
Spüre, ob das Motorrad stabil auf der Fahrbahn liegt.
Nach den ersten vorsichtigen Kilometern kannst du beginnen, die Schräglage Schritt für Schritt zu erhöhen. Ziel ist es, die gesamte Lauffläche – also auch die Flanken – gleichmäßig zu beanspruchen.
Praxisorientierte Empfehlung:
Steigere die Kurvengeschwindigkeit langsam und kontrolliert.
Vermeide Vollgas aus Kurven heraus – besonders bei kaltem Asphalt.
Nutze kurvige Strecken, um den Reifen gleichmäßig zu belasten.
Beobachte das Fahrgefühl: Sobald der Grip spürbar zunimmt, kannst du den Fahrstil leicht anpassen.
Wenn du regelmäßig kontrollierst, wie sich der Reifen verhält, bekommst du ein gutes Gefühl für den richtigen Zeitpunkt, an dem du das volle Potenzial ausschöpfen kannst.
Nach etwa 100 bis 200 Kilometern solltest du den Reifendruck noch einmal überprüfen. Neue Reifen setzen sich leicht, wodurch der Druck geringfügig abfallen kann. Ein zu niedriger Druck kann die Lebensdauer des Reifens verkürzen und den Kraftstoffverbrauch erhöhen.
Regen ist für viele Motorradfahrer ohnehin eine Herausforderung – mit neuen Reifen erst recht. Die Kombination aus glatter Oberfläche und nasser Fahrbahn verlangt maximale Vorsicht. Trotzdem lässt sich auch bei Nässe sicher fahren, wenn du die physikalischen Grenzen deiner neuen Reifen kennst und dein Fahrverhalten anpasst.
Neue Motorradreifen haben in den ersten Kilometern eine noch glatte Oberfläche, die den Kontakt zum Asphalt einschränkt. Kommt Feuchtigkeit hinzu, reduziert sich die Haftung zusätzlich. Der Wasserfilm zwischen Reifen und Straße wirkt wie eine Trennschicht, sodass der Reifen kaum greifen kann.
Einflussfaktoren auf die Haftung bei Regen:
Trennmittelreste: Verzögern das Aufrauen der Oberfläche.
Niedrige Reifentemperatur: Verringert die Elastizität des Gummis.
Glatte Straßenbeläge: Besonders kritisch bei Bitumenstreifen oder frisch asphaltierten Flächen.
Wenn du neue Motorradreifen im Regen einfahren musst, kommt es auf ein kontrolliertes und bewusstes Fahrverhalten an. Ziel ist, die Reifen schonend zu erwärmen und gleichmäßig zu belasten – ohne unnötiges Risiko.
Empfehlungen für sicheres Fahren im Regen:
Sanft beschleunigen: Vermeide ruckartige Gasbewegungen, um das Durchdrehen des Hinterrads zu verhindern.
Vorausschauend bremsen: Nutze beide Bremsen gleichmäßig und vermeide Vollbremsungen.
Schräglage minimieren: Halte das Motorrad möglichst aufrecht in Kurven, bis die Reifen mehr Haftung bieten.
Reifendruck prüfen: Zu niedriger Druck begünstigt Aquaplaning.
Tempo anpassen: Fahre so, dass du jederzeit auf plötzliche Rutschmomente reagieren kannst.
Zusätzlicher Hinweis: Wenn möglich, fahre die ersten Kilometer deiner neuen Reifen bei trockener Witterung ein. Dadurch verbesserst du die Haftung deutlich, bevor du auf nasser Fahrbahn unterwegs bist.
Viele Motorradfahrer unterschätzen die Bedeutung der Einfahrphase. Neue Reifen sehen robust aus, fühlen sich stabil an – doch das täuscht. Ein falsches Verhalten in den ersten Kilometern kann die Lebensdauer verkürzen oder im schlimmsten Fall zum Wegrutschen führen. Wenn du diese typischen Fehler kennst, kannst du sie leicht vermeiden.
Ein häufiger Fehler ist es, neuen Motorradreifen sofort alles abzuverlangen. In den ersten 100 Kilometern sollte dein Ziel sein, die Reifen gleichmäßig zu erwärmen und die Oberfläche aufzurauen – nicht, sie zu überfordern.
Typische Folgen zu aggressiver Fahrweise:
Durchdrehendes Hinterrad bei starkem Beschleunigen
Längere Bremswege durch zu abruptes Bremsen
Unregelmäßiger Verschleiß, besonders an den Flanken
Verminderte Haftung durch lokale Überhitzung
Tipp:
Beschleunige sanft aus Kurven heraus und vermeide Vollbremsungen. So stellst du sicher, dass sich der Gummi gleichmäßig an die Straßenoberfläche anpasst.
Neue Motorradreifen reagieren in den ersten Kilometern empfindlicher auf Schräglagen. Die Flanken sind noch unbenutzt und damit glatter als die Lauffläche in der Mitte. Wer zu früh zu stark in die Kurve geht, riskiert Haftungsverlust.
Praktische Empfehlung:
Steigere die Schräglage über mehrere Fahrten hinweg.
Suche dir Strecken mit sanften, weiten Kurven.
Vermeide Kreisverkehre mit zu enger Linie – dort entsteht schnell zu hoher Druck auf unaufgeraute Bereiche.
Tabelle: Richtwerte für die Steigerung der Schräglage
| Einfahrkilometer | Empfohlene Schräglage | Hinweise |
|---|---|---|
| 0–20 km | minimal | geradeaus fahren, kaum neigen |
| 20–50 km | leicht | flache Kurven, gleichmäßige Bewegung |
| 50–100 km | moderat | Schräglage vorsichtig erhöhen |
| ab 100 km | normal | Grip prüfen, Verhalten beobachten |
Ein Mythos hält sich hartnäckig: dass man neue Reifen mit Schmirgelpapier oder Schleifpads anrauen sollte, um die glatte Oberfläche schneller loszuwerden. In der Praxis ist das nicht nur überflüssig, sondern sogar schädlich.
Das manuelle Anschleifen zerstört die gleichmäßige Struktur des Reifens und kann zu unregelmäßigem Grip führen. Außerdem entfernst du dabei nicht nur die Trennmittelschicht, sondern auch Teile der Schutzschicht des Gummis. Der Reifen verliert dadurch an Lebensdauer und Haftungsstabilität.
Besser ist, den Reifen natürlich einzufahren – durch gleichmäßiges Fahren, moderate Geschwindigkeiten und sanftes Aufwärmen. So nutzt sich die Oberfläche kontrolliert ab und der Grip entwickelt sich optimal.
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