Ein wesentlicher Punkt beim Motorradfahren ist die Reifenfreigabe. Motorradfahrer sehen sich mit strengen Vorgaben konfrontiert, was die Auswahl der Reifen betrifft. Anders als der Pkw-Reifen muss der Motorradreifen einer speziellen Freigabe genügen. Um Fahrsicherheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten, ist vor dem Kauf unbedingt darauf zu achten, dass eine Reifenfreigabe vorliegt.
Überblick: Vorgaben und Änderungen zur Freigabe von Motorradreifen
Motorradfahrer sollten bei der Wahl des Reifens oder bei der Umrüstung die jeweils aktuellen Regelungen der StVO beachten. Grundlage der neuen Vorgaben für die Reifenfreigabe ist die Festlegung im Verkehrsblatt Nr. 15/2019. Diese regelt eine neue Praxis für die Reifen und Reifenumrüstung an Motorrädern.
Aus dieser Ausgabe des Verkehrsblatts geht hervor, dass bisherige Reifenfreigaben in Form einer Unbedenklichkeitsbescheinigung oder Bereifungsempfehlung nicht mehr hinreichend sind. Als alleiniger Nachweis einer sicheren Montage von Reifen mit abweichenden Bauarten oder Dimensionen genügt eine solche Bescheinigung entsprechend nicht mehr. Allerdings ist gleichermaßen eine Übergangsfrist festgelegt worden. Bisherige Reifenfreigaben haben für Reifen Geltung, die bis Ende 2019 produziert wurden. Längstens gilt diese Reifenfreigabe jedoch bis zum 01.01.2025.
Die Frage nach der Unbedenklichkeitsbescheinigung
Bisher war es in Deutschland problemlos möglich, andere Reifen zu fahren als die originalen Fabrikate der Serienausstattung. Voraussetzung war eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Herstellers. Die Änderung der StVZO (Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) sah vor, diese Regelung zu streichen. Der Industrie-Verband Motorrad Deutschland e.V. (IVM) hat interveniert, woraufhin das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) erklärte, dass das Mitführen einer Herstellerfreigabe genügt. Somit ist kein kostenpflichtiger Eintrag in die Fahrzeugpapiere erforderlich. Liegt die Herstellerfreigabe vor, so ist das Motorrad bis auf Weiteres in einem vorschriftsmäßigen Zustand und es bedarf keiner erneuten Vorführung.
Welche Reifen montiert werden dürfen
Grundsätzlich ist nur die Montage solcher Reifen sicher und rechtlich zulässig, die für das jeweilige Kraftrad tatsächlich zugelassen sind. Diese findet ihr in der Reifenfreigabe der Produzenten heraus. Die großen Reifenhersteller verfügen in Deutschland über zahlreiche Reifenfreigaben unterschiedlicher Motorradhersteller. Bei Reifenmarken wie Pirelli, Dunlop, Continental oder Michelin finden Motorradfahrer in der Regel problemlos die passenden Reifen mit Freigaben für die meisten Hersteller und Typen.
Eine wichtige Rolle in der Kennzeichnung beziehungsweise Normung von Motorradreifen findet sich in der E-Kennzeichnung oder ECE-Nummer. Die ECE-R 75 gilt für Reifen für Zweiräder, die spätestens ab dem Produktionsdatum Oktober 1998 gefertigt wurden. Über die wesentlichen Daten des Reifens informiert die Beschriftung auf der Flanke. Auf jedem Reifen muss die ECE-Nummer inklusive E-Zeichen abgebildet sein, da nur dieses Rückschluss darauf gibt, ob es sich tatsächlich um einen zugelassenen Reifen handelt.
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Zu unterscheidende Fälle bei der Reifenfreigabe
Motorradfahrer müssen nach der neuen Regelung bei Reifen mit einem Herstellungsdatum ab 2020 darauf achten, ob das Motorrad eine EU-Typgenehmigung oder ABE aufweist. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob die Bereifung sich an den originalen Reifengrößen orientiert oder eine abweichende Reifendimension oder Reifenbauart vorliegt. Im Zuge dessen lassen sich mehrere idealtypische Fälle bezüglich der Reifenfreigabe unterscheiden.
Motorrad mit EU-Typgenehmigung
Motorräder mit EU-Typgenehmigungen entsprechen der Mehrheit aller Krafträder, die ab dem Baujahr 2000 in Verkehr kamen. Hier lassen sich drei verschiedene Fälle unterscheiden bezüglich der Reifenfreigabe:- Motorrad mit gleicher Reifengröße, jedoch ein anderer Hersteller
- Motorrad mit geänderten Reifendimensionen innerhalb der original eingetragenen Reifengrößen
- Veränderte Reifengröße oder andere Reifenbauart
Handelt es sich um eine gleiche Reifengröße, jedoch einen anderen Hersteller, so ist die Umrüstung problemlos möglich und die Betriebserlaubnis erlischt nicht. Ebenso ist keine Eintragung in die Zulassungsbescheinigung erforderlich. Dies geht aus Verkehrsblatt 15/2019 Nr. 90 hervor. Geht es um eine geänderte Reifengröße, die jedoch innerhalb der ursprünglich eingetragenen Dimensionen liegt, ist die Änderung ebenso ohne weitere Hürden zulässig. Dies setzt jedoch voraus, dass bereits bei der Fahrzeug-Homologation mehrere verschiedene Reifengrößen eingetragen wurden. Die neuen Reifendimensionen müssen dabei innerhalb der in der Zulassungsbescheinigung oder im COC-Papier genannten Größen liegen.
Handelt es sich um eine abweichende Reifengröße oder -bauart, liegt eine Änderung des Fahrzeugs vor. Dies kann zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führen. Wenn das Motorrad davon abgesehen einem genehmigten Zustand entspricht, so ist eine erneute Begutachtung nach § 21 gemäß § 19 (2) StVZO vorgesehen. Im Anschluss an einen Umbau ist eine solche erneute Begutachtung im Sinne der Reifenfreigabe erforderlich.
Motorradfahrer sollten in all diesen Fällen beachten, dass es sich bei der geänderten Bereifung um eine typgenehmigte Reifenart handelt (nach der UN / ECE-Regelung 75). Dabei sollten im Sinne der Reifenfreigabe die sicherheitsrelevanten technischen Parameter (darunter Geschwindigkeitsindex und Traglast) mindestens gleich, besser jedoch höherwertig sein.
Motorrad mit ABE oder Einzelabnahme (§ 21 StVO) und die Reifenfreigabe
Motorradfahrer mit Krafträdern mit ABE-Zulassung oder Einzelabnahme dürfen grundsätzlich nicht ohne Weiteres andere Reifen verwenden als die in den Zulassungsdokumenten aufgeführten. Sind andere Reifen gewünscht, ist so vorzugehen wie im Falle einer veränderten Reifengröße oder -bauart. Eine erneute Begutachtung gemäß § 21 auf der Grundlage von § 19 (2) StVZO ist möglich und nach dem Umbau unverzüglich erforderlich.
Grundsätzliche Hinweise zur Herstellerbescheinigung
Herstellerbescheinigungen durch die Reifenhersteller sind erforderlich, wenn es sich um abweichende Reifengrößen oder -bauarten handelt (bei EU-Typgenehmigung) sowie für sämtliche Bereifungen bei Motorrädern mit ABE- oder EBE-Betriebserlaubnis.
Die ABE- oder EBE-Betriebserlaubnis gilt für ältere Motorräder, vorwiegend solche der 1970er, 1980er sowie der frühen 1990er Jahre. Hierbei handelt es sich entweder um eine nationale Betriebserlaubnis (ABE) oder eine Einzelbetriebserlaubnis, die speziell für (Grau-)Importe oder einzelne Fahrzeuge gilt.
Eine Begutachtung gemäß § 21 StVZO sowie eine Änderung des Eintrags in die Fahrzeugpapiere auf der Zulassungsstelle ist mit Gebühren verbunden. Daher ist es empfehlenswert, mit dem entsprechenden Prüfdienst im Vorfeld zu klären, ob dieser die Bereifungen abnimmt.