Nicht kleckern, sondern klotzen! Das sagt sich die Auto Zeitung und nimmt in der gegenwärtigen Ausgabe 6/2020 nicht weniger als 20 Sommerprofile für die Mittelklasse in der Größe 225/51 70 R unter die Lupe. So viele Profile auf einen Schlag hatten die Kölner Tester aus dem Bauer-Verlag bisher noch nicht auf dem Prüfstand. So gelingt ein Testbericht, der die Breite des Angebotes mit der Vielzahl der Profile im Markt durchaus widerspiegeln kann. Und das Ergebnis auf einem BMW 320d enthält durchaus die eine oder andere Überraschung in der Hinterhand - aber, wie sollte es anders sein, ganz oben landen auch wieder die üblichen Verdächtigen.
Die Auswahl: Von Achilles bis Yokohama
Unter den Testkandidaten sind alle Preissegmente vertreten, die der Markt zu bieten hat. Das Premiumsegment ist klein und beinhaltet stets die gleichen Marken: Dazu gehören natürlich die großen Hersteller wie Bridgestone mit dem Turanza T005, Continental mit dem ContiPremiumContact 6 und Michelin mit dem Primacy 4. Auffälligerweise fehlt aber Goodyear, die mit dem EfficientGrip Performance 2, dessen Markteinführung zwar seit Januar in vollem Gang ist, der aber für den Test zu spät kommt. Der Konzern ist dennoch präsent, und zwar mit der Zweitmarke Dunlop und dem Profil Sport Blueresponse. Pirelli mit dem Cinturato P7 blue, Hankook mit dem Ventus Prime 3 sowie der Yokohama BlueEarth-A AE 50 vertreten noch die Oberschicht der Reifenmarken. Klar das Budget Segment vertreten Importreifen fernöstlicher Herkunft wie der Achilles ATR Sport 2, der Goodride SA37 Sport, der Linglong Green Max, der Nankang Sportnex NS-20 sowie der Rotalla Setula S-Pace RU01, der Star Performer UHP 3 oder der Westlake SA37 Sport - allesamt im Satz für weniger als 300 Euro zu haben. Ob das mit geringer Qualität gleichzusetzen ist, wird der Test zeigen. Aspiranten für den Aufstieg in die Reifenoberklasse sind die Marke Apollo, ein indischer Hersteller mit dem Profil Aspire XP, der auch die im niederländischen Enschede beheimatete Marke Vredestein besitzt, die mit dem Ultrac Satin ins Rennen geht. Bridgestone hat noch seine Zweitmarke Firestone mit dem Profil Roadhawk im Spiel. Die japanische Marke Falken mit dem Ziex ZE914 Ecorun aus dem Hause Sumitomo Rubber ist nicht zu unterschätzen ebenso wenig wie die Marke Maxxis aus Taiwan mit dem Premitra 5 HPS. Alle haben das Zeug hochwertige Produkte auf den Markt zu bringen - und manchmal gibt es dicke Überraschungen.
Testkriterien: Gleiche Bedingungen für alle
Um Schummeleien mit speziell präparierten Pneus zu vermeiden kauft die Redaktion verdeckt im Handel - so weit sich das unauffällig realisieren lässt. Immerhin benötigen die Tester jeweils mehrere Sätze von einem Profil. Die Tester betonen ihren Anspruch, “gleiche Test-Bedingungen für alle” zu schaffen. Das ist unerlässlich für einen Vergleich, wird aber außerhalb von Zeitschriftentests etwa bei der Ermittlung der Labelwerte nicht konsequent praktiziert. Hier testen die Hersteller bekanntlich selber, freilich nach bestimmten Vorgaben, aber jeweils auf anderen Prüfgeländen, zu anderen Zeiten etc. Deshalb seien die Labelwerte am Beispiel Nassbremsen oft nicht so richtig unter allen Reifen vergleichbar. Das ist aber auch der Grund, warum ebenso Zeitschriftentests untereinander nicht vergleichbar sind, wenn sie unter verschiedenen Bedingungen, etwa anderen Prüfgeländen, stattfinden. Denn das hat auf die Reihenfolge der Ergebnisse deutlichen Einfluss. Obwohl die Auto Zeitung die allgemeinen Testbedingungen mit Datum (11. September 2019), Temperatur, Fahrzeug, Motorisierung usw. detailliert offenlegt, muss der Leser den Testort - nämlich das Contidrom bei Jeversen am Rande der Lüneburger Heide - erraten, was allerdings nicht schwer ist. Und dann - so weit vorweg - erscheint auch der Testsieger, in diesem Fall der Continental ContiPremiumContact 6, der ja hier zuhause ist und hier entwickelt wurde und den Nasshandlingkurs und die anderen Kriterien aus dem FF kennt, in einem etwas anderen Licht. Ein bisschen Geschmäckle lässt sich da nicht verkneifen. Denn es gibt bei Reifentests so etwas wie einen Heimvorteil.
Dafür sind die Testmöglichkeiten auf dem Contidrom exzellent und das Prüfgelände beliebt. Auch der ADAC führt hier gerne seine Tests durch. 13 klassische Tests, 6 nass, 7 trocken, hat die Auto Zeitung angewendet - der Rollwiderstand wird ermittelt, aber leider keine Laufleistung.
Auto Zeitung Sommerreifentest in 225/50 R17 |
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Platzierung | Profil | Nass | Trocken | Gesamt- wertung |
Urteil | Angebot |
137 | 127 | 264 | "Top Performance bei Nässe, stark bei Trockenheit: Testsieger ContiPremiumContact 6." | |||
2 | 118 | 129 | 247 | "Sehr sicher im Trockenen, agil bei Nässe: Der Turanza T005 ist absolut empfehlenswert." | ||
2 | Michelin Primacy 4
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127 | 120 | 247 | "Rang zwei für den Primacy 4 von Michelin, der seine Stärken auf nasser Piste ausspielen kann." | Zum Angebot |
4 | 117 | 125 | 242 | "Ausgewogen gute Leistungen noetet der preisgünstige Maxxis; recht lange Nass Bremswege" | Zum Angebot | |
5 | 111 | 129 | 240 | "Sehr starke Trockenperformance, sicher bei Nässe: Empfehlung für den Ventus Prime 3" | Zum Angebot | |
6 | 113 | 109 | 222 | "Spätes Aquaplaning, komfortabel, leise: Der Ultrac ist kein Sportler, aber ausgewogen." | Zum Angebot | |
7 | 114 | 104 | 218 | "Empfehlung für den alten Falken. Bei Nässe sicher, auf trockenem Asphalt brav, aber griffig." | Zum Angebot | |
7 | 90 | 128 | 218 | "Niedriger Rollwiderstand, sehr gute Trockenperformance. Aber: Bei Nässe schwächelt der Dunlop." | Zum Angebot | |
9 | 88 | 124 | 212 | "Sicheres Fahrverhalten auf trockener Piste mit Giti. Ist esnass, fehlt ihm generell Grip " | Zum Angebot | |
10 | 101 | 110 | 211 | "Ist es griffig, funktioniert der Nankang noch passabel, doch auf Nässe verliert er den Halt." | Zum Angebot |
Nass (max. 150 Punkte), Trocken (max. 150 Punkte)
Die Ergebnisse: Premiummarken beherrschen das Feld
Der Siegerreifen von Conti glänzte “vor allem bei Nässe mit überraschender Performance und extrem hohen Sicherheitsreserven”, so der Testbericht. Und da der Conti auf heimischen Geläuf auch im Trockenen “ausgezeichnet” lief, holt sich der Premiumcontact souverän den Sieg. Keine Überraschung auch auf dem folgenden 2. Platz, den der Michelin Primacy 4 und der Bridgestone Turanza T005 sich gleichberechtigt teilen - Michelin besser im Nassen, der Bridgestone besser im Trockenen. Auf Platz 4 wird’s interessant, denn hier landet der Maxxis Premitra 5, dank “sehr viel Grip” bei den Trockenübungen, der aufgrund des günstigen Preises auch die “Preis-Leistungs-Empfehlung” erhält. Nur ganz knapp dahinter platziert sich der Hankook Ventus Prime 3, beide durchaus mit sehenswerter Nassperformance. Die besitzt auch der Vredestein Ultrac Satin, der als 6. Reifen mit dem Prädikat “sehr empfehlenswert” ausgezeichnet wird. Siebter im Bunde der “sehr empfehlenswert” ausgezeichneten Reifen ist der Falken Ziex ZE914 Ecorun. Der punktgleiche Dunlop Sport Blueresponse dagegen geht leer aus, weil er “auf Nässe Schwächen aufweist”. Enttäuschend erklimmt der Pirelli Cinturato P7 blue lediglich Platz 13: “Griffig im Trockenen, aber zu rutschig bei Nässe”, urteilen die Tester. Also kein Prädikat, ebensowenig wie der um einen Hauch bessere Yokohama BlueEarth-A AE50. Nicht jeder Premiumreifen erhält also das Prädikat “sehr empfehlenswert”.
Damit sind wir im Mittelfeld angelangt, wo sich Marken tummeln wie Giti, Apollo oder Firestone - günstiger zu haben, aber eben mit Abstrichen an der Performance, meist bei den nassen Disziplinen.
Mangelnde Nasshaftung ist nach wie vor noch eine durchgehende Schwäche der meisten ostasiatischen Importreifen, die die unteren Preiskategorien besiedeln. Aber nicht alle sind so ganz schlecht bei Nässe. Immerhin warnen die Tester: “Als besonders unsicher fallen die Profile von Achilles, Nankang und Star Performer auf.” Der Name verspricht mehr als der Reifen halten kann. Beispiel: Wenn “der mit dem Testsieger … bereifte BMW 320d bei einer vollbremsung aus Tempo 100 bereits nach 56 Metern wieder steht, ist er mit dem Nankang Sportnex (69,4 Meter Bremsweg) noch mit einer Restgeschwindigkeit von happigen 44 km/h unterwegs.”
Fazit
Man sieht es dem schwarzen Gummi nicht an, welche Performance er auf die Straße bringt. Deshalb können die Reifentests eine wichtige Entscheidungshilfe sein, deutlich mehr als das Label. Obwohl die Premiummarken qualitativ das Feld beherrschen, scheinen die Abstände zum Mittelfeld geringer geworden zu sein. Aber nach wie vor gibt es Ausreißer nach unten. Gut die zu kennen.