Im zweiten Teil des großen Winterreifen-Tests bringt der ADAC erneut eine populäre Dimension auf den Prüfstand: 16 Reifenmodelle der Größe 225/45 R17 in der Geschwindigkeitskategorie H (bis 210 km/H), die sich an einem VW Golf bewähren müssen. Dieses Reifenformat in 17 Zoll war zu früheren Zeiten ein lupenreines Breitreifenformat, das aber heute an zahlreichen Kompaktfahrzeugen Anwendung findet. Neben dem VW Golf auch am Opel Astra, der Mercedes A-Klasse, dem BMW 1er und vielen anderen mehr. Und auch hier kann sich das Angebot qualitativ sehen lassen - bis auf manche Ausnahmen sicher. Aber um die zu finden gibt es Tests.
Foto: ADAC/Marc Wittkowski
Auswahl und Kriterien
In allen populären Größen für beliebte Fahrzeuge ist das Angebot überwältigend, wie schon bei der im Teil 1 verwendeten Größe. Auch der Anspruch des ADAC, einen Querschnitt des Marktes wiederzugeben, bleibt der gleiche. Und so verwundert es nicht, dass die Auswahl der Testkandidaten sehr der Auswahl im ersten Teil ähnelt. Zum Teil kamen die gleichen Profile in einer anderen Ausführung zum Zuge: So sehen wir bei den Premiumreifen den Michelin Alpin 6 wieder und bei Bridgestone den Blizzak LM005, bei Dunlop den Winter Sport 5, der Continental heißt WinterContact TS870 (nicht mehr “P”), der Vredestein dafür Wintrac Pro, Hankook bleibt I*Cept Winter RS. Und dann kommt doch etwas Variation auf. Diesmal ist der Pirelli Cinturato Winter 2 dabei. Als Zweitmarke für Conti kommt nun der Semperit Speed Grip 5 zum Zuge, womit wir bei den Qualitätsmarken wären. Der Nokian WR Snowproof wird aufgerufen und der Yokohama BluEarth Winter V906. Die indische Marke Apollo ist dabei mit dem Aspire XP Winter (zum Konzern gehört auch die Marke Vredestein), Goodyear wird noch mit der Zweitmarke Sava Eskimo HP2 vertreten. Zwar sind die Übergänge in den Preissegmenten fließend aber eindeutig der Budget-Schiene zuzuordnen sind der Giti Winter W2 (Produktion in China, Konzernzentrale in Singapur) und auch der Kormoran Snow aus dem Michelin-Konzern. Auch hier sehen wir ein zahlenmäßiges Übergewicht der Premiummarken, während die Billigschiene doch unterrepräsentiert ist.
Auch die Testkriterien und damit insbesondere das veränderte Bewertungsschema, das der ADAC seit 2023 anwendet, bleibt gleich, wie es im Teil 1 beschrieben ist. Zwar bleibt für die Bewertung die Fahrsicherheit (70 Prozent) entscheidend aber im Zuge einer stärkeren Berücksichtigung der “Umweltbilanz” (30 Prozent) in der auch Lieferwege eine Rolle spielen, wirkt sich das zum Nachteil einer Produktion in Fernost aus, was für viele Budgetmarken zutrifft.
Die Testergebnisse: Ein breites Mittelfeld
Leider gibt es keine Überraschungen. So sind es wieder vier Premiumreifen, die sich an die Spitze setzen und mit “gut” bewertet werden. Dabei fällt auf, dass der ADAC in seiner Bewertung sich im Gegensatz zu anderen Testinstanzen sehr zurückhält und streng urteilt. Während andere schon mal über ein “hervorragend” jubeln können, fällt den ADAC-Testern nicht einmal ein “sehr gut” ein. Die lassen sich noch Platz nach oben für künftige weiter verbesserte Produkte.
Die vier Spitzenreifen zeigen sich am Golf “besonders ausgewogen”, so der ADAC und erhalten deshalb ein “gut” als höchste Note im gesamten Test. Ganz oben als bester im Test landet der Continental WinterContact TS 870, der “hervorragende Fahrleistungen” mit “möglichst guter Umweltbilanz” verbindet und Bestnoten erhält auf winterlicher und nasser Fahrbahn. Der Bridgestone Blizzak LM005 ist zwar mit Note 1,7 auf Nässe absolute Spitze, patzt aber in dieser Dimension auf winterlicher Fahrbahn mit Note 3,2 und landet mit dem Gesamturteil “befriedigend” auf dem vorletzten Platz in der Tabelle. In der Umweltbilanz verhageln die Disziplinen Nachhaltigkeit (3,3) und Geräusch (3,4) eine bessere Bewertung. Mit ähnliche fahrdynamischen Leistungen wie der Conti schneiden auch der Michelin Alpin 6 und der Goodyear Ultra Grip Performance+ ab, wobei der Michelin in der Umweltbilanz zudem mit einer errechneten Laufleistung von 61.000 km punkten kann (Note 0,9) und der Goodyear mit 54.400 km (Note 1,5) klar darunter bleibt. Das Quartett der “guten” Reifen komplettiert der Dunlop Winter Sport 5, der leichte Schwächen auf Nässe durch hohe Laufleistung (Note 0.9) im Kapitel Umweltbilanz ausbügeln kann.
Es folgt ein breites Mittelfeld von 11 Reifen mit der Bewertung “befriedigend”. Die Kandidaten in dieser Gruppe sind weniger ausgewogen in ihren Fahreigenschaften und entwickeln Stärken und Schwächen in den einzelnen Kategorien. Schwächen auf trockener Fahrbahn zeigen der Nokian WR Snowproof, der Pirelli Conturato Winter 2 und auch der Sava Eskimo HP2. Lediglich der Pirelli kann auf Schnee und nasser Fahrbahn wieder punkten. Neben dem Bridgestone punktet auch der Hankook auf Nässe, kommt aber auf winterlicher Fahrbahn nicht so gut zurecht. So geht es auch dem Yokohama BlueEarth-Winter V906, dem ApolloAspire XP Winter und dem Semperit Speed Grip 5. Den Maßstab in Sachen Umweltbilanz/Laufleistung setzt der Kumho Wintercraft WP52 mit 64.000 km (Note 0,7). Mit relativ ausgeglichenen Fahrleistungen rollt der Giti Winter WZ immerhin auf einen Mittelplatz, kassiert aber die schlechteste Note (4,1) in Sachen Nachhaltigkeit, was einer besseren Platzierung im Wege steht. Nur einer fällt durch: Der Kormoran Snow, der preisgünstigste im Feld, erhält ein “mangelhaft”, weil er nicht nur die schlechtesten Nasseigenschaften abliefert (“inakzeptabel”), sondern auch die schlechteste Trockenperformance und landet somit als Schlusslicht in der Tabelle. Die Bestnoten auf Schnee und die recht hohe Laufleistung retten den Kormoran nicht.
ADAC Winterreifen-Test in der Dimension
225/45 R17 91H
Testfahrzeug: VW Golf
Platz | Modell | Fahrsicherheit¹ | Umweltbilanz² | Gesamt |
---|---|---|---|---|
1. | CONTINENTAL WINTERCONTACT TS 870
|
2,0 | 2,0 | 2,0 |
2. | MICHELIN ALPIN 6
|
2,3 | 1,8 | 2,2 |
2. | GOODYEAR ULTRAGRIP PERFORMANCE+
|
2,3 | 2,1 | 2,2 |
4. | DUNLOP WINTERSPORT 5
|
2,6 | 1,8 | 2,4 |
5. | VREDESTEIN WINTRAC PRO
|
2,7 | 2,3 | 2,6 |
6. | SEMPERIT SPEED-GRIP 5
|
2,8 | 2,1 | 2,6 |
7. | HANKOOK WINTER I*CEPT RS3
|
2,7 | 2,4 | 2,6 |
8. | GITI WINTERW2
|
2,6 | 2,9 | 2,7 |
9. | KUMHO WINTERCRAFTWP52
|
2,7 | 2,8 | 2,7 |
10. | APOLLO ASPIRE XP WINTER
|
2,9 | 2,6 | 2,7 |
11. | NOKIAN WR SNOWPROOF
|
3,2 | 2,4 | 3,0 |
11. | PIRELLI CINTURATO WINTER 2
|
3,2 | 2,2 | 3,0 |
11. | YOKOHAMA BLUEARTH-WINTER V906
|
3,0 | 2,9 | 3,0 |
11. | SAVA ESKIMO HP2
|
3,4 | 2,2 | 3,0 |
15. | BRIDGESTONE BLIZZAK LM005
|
3,2 | 3,1 | 3,2 |
16. | KORMORAN SNOW
|
5,4 | 2,0 | 5,4 |
Fahrsicherheit¹ = 70%:
trockene Fahrbahn 30%, nasse Fahrbahn 40%, winterliche Fahrbahn 30%
Umweltbilanz² = 30%:
Laufleistung 40%, Reifenabrieb 20%, Effizienz 20%, Geräusch 10%, Nachhaltigkeit 10%
Fazit
Wer nicht die Spitzenreiter kaufen will, die in allen Belangen ob ihrer Ausgewogenheit eine gute Leistung bieten, kann auch in der zweiten Reihe, bei den “befriedigend” beurteilten Produkten gut bedient werden, wenn er den Reifen nach dem persönlichen Fahrprofil auswählt. Käufer, die aufgrund der individuellen Fahrsituation mit dem jeweiligen Defizit leben können, finden vielleicht sogar ein Schnäppchen, erklärt der ADAC.