Sommerreifentest der GTÜ: Es geht auch preiswert!
Und noch ein Reifentest. Aber doch ein bisschen anders als die vorangegangenen, was durchaus auch an den erstaunlichen Ergebnissen zu sehen ist. Außerdem ist dieser Test ein Gemeinschaftswerk dreier Partner: Einerseits die GTÜ, die “Gesellschaft für Technische Überwachung mbH” als ihres Zeichens größte Organisation freiberuflich tätiger Kraftfahrzeugsachverständiger sowie die beiden Autoclubs ACE und das österreichische Pendant ARBÖ.
Mit der Dimension 225/45 R17 haben sich die Tester eine mittlerweile sehr populäre Größe vorgenommen, die auf eine Vielzahl von Fahrzeugen passt. So wie auch der Golf VIII als Testauto ein populäres Fahrzeug ist. Am Ende gab es auch ein gutes Zeugnis für alle neun getesteten Reifen: “Sehr empfehlenswert, empfehlenswert” – so schmal war die Notenspanne, es war “keiner schlecht”. Das stimmt doch positiv in schlechten Zeiten.
GTÜ Sommerreifentest 2021 in 225/45 R17Testfahrzeug: VW Golf VIII |
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Platz | Profil | Nass* | Trocken** | Wirtschaftlichkeit*** | Urteil und Angebote |
N`fera
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66 | 54 | 18 |
sehr empfehlenswert Gesamt: 157 |
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2. Platz | 66 | 50 | 19 |
Gesamt: 153 |
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3. Platz | 68 | 50 | 17 |
sehr empfehlenswert Gesamt: 152 |
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4. Platz | 67 | 49 | 16 |
sehr empfehlenswert Gesamt: 152 |
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5. Platz | 63 | 53 | 22 |
sehr empfehlenswert Gesamt: 151 |
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6. Platz | 66 | 51 | 16 |
empfehlenswert Gesamt: 146 |
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7.Platz |
55 | 52 | 19 |
empfehlenswert Gesamt: 146 |
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8.Platz |
58 | 50 | 19 |
empfehlenswert Gesamt: 144 |
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9. Platz |
58 | 49 | 22 |
empfehlenswert Gesamt: 143 |
*Sicherheit nass Kriterien (Bremsen nass, Handling nass Messwert/subjektiv, Kreisbahn nass, Aquaplaning längs/quer) **Sicherheit trocken Kriterien (Bremsen trocken, Handling trocken Messwert/subjektiv) ***Wirtschaftlichkeit/Umwelt Kriterien (Vorbeifahrgeräusch, Rollwiderstand)
Das mittlere Preissegment überwiegt
Die teureren Premiummarken waren bei der ohnehin schmalen Auswahl von neun Reifen nur knapp vertreten. Modelle wie der Goodyear EfficientGrip Performance 2, der Continental PremiumContact 6 und der Michelin Primacy 4 hatten wohl eher die Funktion, als Referenz zu dienen für die eigentlichen Kandidaten aus dem mittleren Preissegment, sogenannte Qualitätsmarken. Dazu gehörten der BF Goodrich Advantage, eine Michelin-Zweitmarke, der Laufenn S Fit EQ+, eine Zweitmarke des koreanischen Herstellers Hankook, sowie der Falken Azenis FK510 aus dem japanischen Hause Sumitomo, der koreanische Nexen N’fera Sport SU2, der taiwanische Maxxis Premitra 5 und der finnische Nokian Wetproof. Schon die Auswahl macht klar, es geht im Grunde nicht um die Frage, was ist der absolut beste Reifen, sondern darum, wie gut sind Reifen, die für mehr oder weniger deutlich unter 100 Euro pro Stück zu haben sind. Premiummarken liegen alle locker darüber. Die billigsten der Billigen, sogenannte Budgetreifen, sind nicht mit von der Partie.
Kriterien der Reifenprüfung
Als Prüfgelände stand den Testern das Contidrom am Rande der Lüneburger Heide zur Verfügung, ein für Reifentests stark frequentiertes Terrain. So mussten die neun Probanden alle Arten der Nass- und Trockenprüfungen über sich ergehen lassen. Die Prüfungen auf Nässe (Bremsen, Handling, Kreisbahn, Aquaplaning) wiegen am schwersten in der Wertung vor Trockentests (Bremsen, Handling) und Wirtschaftlichkeit/Umwelt (Geräusch, Rollwiderstand). Soweit alles wie üblich. Neben den technischen Eigenschaften spielte aber auch der Preis eine nicht ganz unerhebliche Rolle in der Wertung, der mit rund 10,5 Prozent in die Wertung einging. Und damit lässt sich schon mal eine technische Schwäche etwas abmildern oder ausbügeln. Das ist nicht in jedem Test so. Manche lassen auf der Suche nach den besten Reifen nur die technischen Eigenschaften gelten.
Der Sieger heißt Nexen
Hier wird manch gewohnte Reihenfolge schon mal durcheinander gewürfelt. Nicht die Premiummarken machen den Testsieg unter sich aus, sondern Nexen, Nokian, Falken und Maxxis heißen die ersten Vier mit dem Prädikat “sehr empfehlenswert”. Das alles für unter 100 Euro. Aber es liegt nicht nur am Preis: Das zeigt, so die GTÜ, “Reifen müssen heute nicht nur viel können, sie werden auch immer besser.” Das heißt, alle Reifenhersteller lernen dazu, auch die fernöstlichen mit ihrer früher viel beklagten Schwäche auf Nässe.
“Auf trockener Fahrbahn erzielen alle Reifen im Test sehr gute Ergebnisse”, stellt die GTÜ fest. Am schnellsten steht der Conti mit 34,5 Metern (aus 100 km/h), die schwächsten sind Goodyear und Maxxis mit 36,1 Metern und sind immer noch 20 km/h schnell, wenn der Conti schon steht. Ein sonderlich gutes Unterscheidungskriterium war das aber noch nie. Ein Reifen, der im Trockenen schlecht ist, sollte keine Chance im Markt haben.
Die Unterschiede treten erst auf Nässe zutage. So auch in diesem Test. Und hier kämpfen sich die Premiummarken wie Michelin und Conti wieder nach vorn. Beim Aquaplaning ragt der Maxxis heraus. Bei dieser Disziplin spielen aber Eigenschaften wie Profiltiefe eine wichtige Rolle. Nur liefert uns der Testbericht hier keine Daten.
In der Umweltwertung zeigen in Sachen Geräusch “alle Reifen durchweg deutlichen Nachbesserungsbedarf”. Die Premiummarken Goodyear und Michelin punkten beim Rollwiderstand, sprich Energieverbrauch. Aber auch da hat die Reifenmittelklasse aufgeholt und belegt mittlere Ränge.
Fazit: Kein Reifen war schlecht
Eine erfreuliche Nachricht: Den idealen Reifen gibt es zwar noch nicht, aber so liegen doch “alle Reifen in der Bewertung auf hohem Niveau eng beieinander”. Und die Premiumreifen rückten in diesem Test nach hinten. Dabei spielte jedoch auch der Bewertungsmaßstab keine überragende, aber sehr wohl eine entscheidende Rolle. Sieggewohnte Marken wie Conti bekommen hier in Sachen Geräusch und Preis “eins übergebraten”. Auf der anderen Seite: Die technische Überlegenheit von Michelin, Conti, Goodyear und Co ist nicht mehr so dominant, dass sie jederzeit sämtliche Konkurrenz in Schach halten können. Der Vorsprung schmilzt dahin. Insofern zeigt dieser Test, wie dünn die Luft für Premiummarken geworden ist und dass die Bezeichnung Qualitätsmarken wohl zu Recht besteht. Er zeigt aber auch, wie relativ derlei Vergleiche geworden sind, wenn geringe Änderungen in der Bewertung gewohnte Rankings purzeln lassen.