Sie stehen besonders hoch in der Gunst der Autokäufer: Die SUV, insbesondere die kompakten SUV, sind der Renner im Autohaus und in der Zulassungsstatistik das derzeit am stärksten wachsende Segment. Und ein boomendes Segment mit VW Tiguan, Skoda Kodiaq, Volvo CX40 und dergleichen braucht Reifen. So hat sich die AutoBild als ersten umfangreichen Test die Dimensionen 235/55 R18 vorgenommen und 10 Reifen einem ausgiebigen Testprogramm unterzogen - nein, eigentlich zwölf, doch dazu gleich mehr. Besonderes Augenmerk legten die Tester auch auf die Qualitäten “abseits asphaltierter Pisten”.
(12 Reifen in der Dimension 235/55 R18 standen bei AutoBild auf dem Prüfstand. Bild: Volkswagen)
Reifenkauf nicht aufschieben
Es wird nicht nur getestet, es gibt auch Tipps: “Viele Autobesitzer warten mit dem Kauf der Sommerbereifung viel zu lange.” Und das ist eine Wahrheit, auf die man auf Grund der aktuellen Situation gar nicht laut genug hinweisen kann. Nicht nur deswegen, weil Reifen grundsätzlich meist am Anfang der Saison preiswerter zu haben sind und weil ab Ende März wegen der zunehmenden Nachfrage die Preise eher steigen. Auch nicht nur weil die nicht mehr zu leugnende derzeitige Inflation die Preise steigen lässt. Zuletzt aber weil die kriegerischen Handlungen Russlands und die damit verbundenen Sanktionen die Preise noch zusätzlich in die Höhe treiben. Rohstoffengpässe führen zu Verfügbarkeitsproblemen und so reißt ein später Reifenkauf ein noch größeres Loch in die Haushaltskasse - zumindest für die diesjährige Saison. Und 700 Euro kann ein Satz schon kosten.
Die Auswahl: breit aufgestellt
Kennzeichen der Reifentests bei AutoBild ist immer wieder die breite Aufstellung der Kandidaten. Die Testcrew um Dierk Möller und Henning Klipp müht sich offensichtlich um eine möglichst breite Abdeckung des Marktes von Premiummarken bis tief in den Budget-Bereich ob sich nicht doch auch unter den Billigen auch was Gutes fände. so kommt zu den zehn Testprobanden noch der Vergleich mit einem Ganzjahresreifen hinzu. Der Goodyear Vector 4Seasons Gen3 SUV, ein Klassiker unter den Ganzjahresreifen kommt als Referenz hinzu. Mehr noch: Die Tester haben sich noch ein Vorserienmodell der ausgewiesenen Budget-Marke Linglong aus China “für einen ersten Check” zu Gemüte geführt. Da war der Grip Master C/S doch für eine Überraschung gut. Aber im richtigen Wettbewerb standen die folgenden zehn: Die Premiumprodukte Goodyear Efficient Grip 2 SUV, der Michelin Primacy 4, der Pirelli Scorpion Verde, zudem der koreanische Hankook Ventus S1 evo3 SUV sowie die Markenreifen Falken Azenis aus dem japanischen Sumitomo-Konzern, der Toyo Proxes Comfort ebenfalls aus Japan, der koreanische Nexen N’Fera Sport SUV, den taiwanischen Maxxis Victra Sport 5 SUV sowie den ebenfalls preiswerten Imperial Ecosport SUV, eine in China produzierte Eigenmarke des niederländischen Großhändlers Deldo. Ein Test ohne Conti? Mitnichten! Zu allen gesellt sich noch der General Tire Grabber GT Plus, eine der vielen Zweitmarken aus dem Continental-Konzern, die gerne zuständig für den Off-Road-Bereich ist. Mit diesem Spektrum ist das Angebot im Markt preislich und qualitätsmäßig ganz gut abgedeckt. Denn trotz Boom bei den Autos ist das Angebot noch nicht ganz so groß wie im Pkw-Segment, obwohl viele Marken zu den SUV drängen.
Kriterien: Über Stock und über Stein
Bei Reifentests im Bereich SUV kommt auf die Testcrew besonders viel Arbeit zu. Denn hier stehen auch die die Qualitäten abseits asphaltierter Pisten auf dem Programm. Die Reifen müssen sich in einem breiteren Qualitäts Spektrum bewähren - obwohl es hierzulande kaum noch erlaubt ist, die befestigten Straßen zu verlassen. Die Vergnügen bleibt höchstens noch Förstern und Jägern vorenthalten. Die Masse der SUV-Fahrer ist eher gehalten schön auf der Straße zu bleiben. Nicht so im Test, da gehen die Geländekriterien Traktion auf Gras, Kies, Sand und Schlamm sowie Handling auf Schotter gleichberechtigt mit den Nässekriterien (Aquaplaning, Handling, Bremsen, Kreisbahn) und den Trockentests (Handling, Bremsen, Komfort, Geräusch, Rollwiderstand) gleichberechtigt in das Endergebnis ein.
Testsieg für Goodyear und Hankook - einer fällt durch
Dass Hankook mittlerweile unter den Premiummarken weilt, ist nicht neu, obwohl die Testsiege nicht ganz so häufig sind. Diesmal ist die Marke mit dem Hankook Ventus S1 evo3 SUV ganz vorn und erhält gemeinsam mit dem Goodyear EfficientGrip 2 SUV das Prädikat “vorbildlich” mit gleichmäßig guten Leistungen in allen Disziplinen: “Überzeugender Premiumreifen mit sehr guten Fahreigenschaften auf allen Untergründen” lautet das Urteil über den Goodyear und beim Hankook: “Spitzenfahrleistungen im Gelände und auf trockener Piste” sowie “kürzeste Nass- und Trockenbremswege”. Vor allem interessant für den Testsieger: “faires Preisniveau”. Beide, so das Fazit der Tester “teilen sich verdient den Testsieg”.
Nachdem der Sieg doppelt vergeben wurde, landet auf dem dritten Platz noch vor der renommierten Marke Michelin durchaus erstaunlich die Marke Falken mit einem Sonderlob: “Fahrdynamisch ist der Falken erste Wahl”, lautet das Fazit, und zwar auf “nasser und trockener Strecke”. Ergänzung: “mit Abstrichen bei den Offroad-Test”. Das dürfte aber den meisten SUV-Fahrern, die immer hübsch auf der Straße bleiben, herzlich egal sein, die stört vielleicht eher “ein hoher Rollwiderstand”. Gesamtnote: “gut”
Die Note “gut” erhält ein breites Mittelfeld von nicht weniger als fünf Reifen. Nach dem Falken folgt der Michelin Primacy 4, der über “ein ausgewogenes Leistungspotenzial” verfügt und einen kraftstoffsparenden Rollwiderstand, nur eben leider über ein “hohes Preisniveau”. Nur einen Hauch danach folgt der Nexen und glänzt durch “beste Sicherheitsreserven bei Aquaplaning” und “spitzenmäßiges Fahrverhalten bei Nässe” und last but not least mit einem günstigen Preis. Weiterhin mit der Note “gut” folgt Toyo mit lobenswerten Sicherheitseigenschaften: “Ausgezeichneter Nässegrip und hohe Aquaplaningsicherheit, präzises Nass- und Trockenhandling”. Damit lässt sich die “mäßige Zugkraft auf nassem Gras” sicherlich leichter ertragen. Letzter im Bunde der mit “gut” bewerteten Reifen ist der Maxxis: “Stabil sicheres Fahrverhalten im Gelände und auf nasser Piste” steht im Testprotokoll des Victra Sport 5 SUV. Ein Reifen für alle Fälle also, mit einem Mako: der Rollwiderstand.
Erst auf Platz acht in der Reihenfolge von zehn Reifen landet die Marke Pirelli. Immerhin, “befriedigend” ist kein schlechtes Urteil, auch wenn so viele andere besser sind. “Ausgewogenes Fahrverhalten im Gelände und auf nasser Piste”. Nur der relativ hohe Preis (zweithöchster) passt vielleicht nicht ganz zur Platzierung. Letzter empfehlenswerter Reifen mit Note “befriedigend” ist der General aus dem Conti-Konzern, der erwartungsgemäß mit seinen Off-Road-Qualitäten punktet, nicht aber mit dem “Fahrverhalten auf nasser und trockener Piste”. Und darauf kommt es an im Alltag.
Einer fällt durch im Test und das ist der Imperial mit dem Urteil “nicht empfehlenswert”. Da nutzt auch der günstige Preis nichts. Es überwiegen die Schwächen: “Nur eingeschränkte Nässetauglichkeit”, vor allem “gefährlich verlängerte Nassbremswege” - zehn Meter länger als die anderen. Das war’s dann. Ein “katastrophales Ergebnis für den asiatischen Billigreifen”.
AutoBild-Reifentest in 235/55 R18
Testfahrzeug: VW Tiguan
Platz | Modell | Gelände* | Nass* | Trocken* | Gesamt |
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2 | 2+ | 2+ | vorbildlich |
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2+ | 2 | 2+ | vorbildlich |
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2- | 1- | 2+ | gut |
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2 | 2- | 2+ | gut |
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2- | 2+ | 2 | gut |
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2- | 2 | 2+ | gut |
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2 | 2 | 2 | gut |
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2- | 2- | 2 | befriedigend |
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2- | 2- | 2- | befriedigend |
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2- | 3- | 2- | nicht empfehlenswert |
(*Kapitelnoten in den Testkapiteln Gelände, Nässe, trockene Strecke (1 = "sehr gut" bis 6 = „ungenügend“). Kapitelnoten ab 2- und Einzelnoten (hier nicht abgebildet) ab 3+ in sicherheitsrelevanten Disziplinen erlauben kein „vorbildlich“ mehr. Einzelnoten ab 3 in sicherheitsrelevanten Disziplinen führen zur Abwertung.)
Fazit: reiche Auswahl
Einmal mehr können wir konstatieren: Das Niveau ist hoch im Reifenmarkt Goodyear und Hankook zeigen, wie hoch die Latte hängt. Aber auch Falken, Toyo, Nexen und Maxxis sind der Spitze auf den Fersen - eine reiche Auswahl. Aber: Der billigste Jakob kann am Ende teuer werden. Zu guter letzt fehlt noch der Vergleich zum Ganzjahresreifen, der ja den jährlichen (doppelten) Wechsel erspart. Apropos sparen: Der Goodyear Vector 4Seasons Gen3 SUV ist gleichzeitig der teuerste Reifen im Feld. Technisch würde der “Alleskönner” im hinteren Feld der Kandidaten landen, er kann’s aber auch im Winter. Da sind wir wieder beim Kompromiss. Etwas Hoffnung in Sachen fernöstlicher Reifen macht da die Vorserienausgabe des jüngsten Linglong Grip Master C/S: Er überzeugte die Tester “mit einem ausgeglichen hohen Leistungsniveau”. Da darf man auf kommende Tests gespannt sein.