Nicht kleckern, sondern Klotzen ist das Motto bei der AutoBild und deshalb ist der Sommerreifentest dieses Fachmagazins der nach wie vor umfangreichste in Deutschland, Europa und vielleicht sogar der Welt – der überdies das hiesige Angebot im Markt in seiner Vielfältigkeit am besten widerspiegelt. Kurze Erinnerung: Fünfzig sehr unterschiedliche Kandidaten traten zur Qualifikationsrunde an und immerhin 21 konnten nach bestandener Bremsprüfung die Finalrunde erreichen. Dabei fielen einige durchaus bekannte Markennamen unter den Tisch: Bei Yokohama, Cooper, Firestone, Uniroyal und vielen anderen reichte es nicht zum Bestehen des Sicherheitschecks: Die Bremswege waren zu lang. Auf den Prüfstand kamen diesmal die besten Profile der Fahrzeugmittelklasse in der Dimension 215/55 R17, erprobt auf einem VW Passat Variant. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Drei waren “vorbildlich”, nur eines “bedingt empfehlenswert”.
(50 Reifen in der Dimension 215/55 R17 standen bei AutoBild auf dem Prüfstand. Bild: VW)
Kriterien und Bewertung – Rollwiderstand wird wichtiger
Bei einem derartigen breit angelegten Sortierverfahren muss man über die Auswahl nicht mehr viel Worte verlieren. “Bei uns bekommt wirklich jeder Reifen eine faire Chance”, betonen die AutoBild-Testredakteure Dierk Möller und Henning Klipp im aktuellen Heft, das seit heute am Kiosk zu haben ist. Nach der Qualifikationsrunde auf dem “riesigen ATP-Prüfgelände in Papenburg” wanderte der Test-Tross mit den 21 Finalisten nach Spanien aus, auf das ebenfalls herstellerunabhängige Testgelände IDIADA, nicht allzu weit entfernt von der Costa del Sol. Auf diesem umfassendsten europäischen Prüfgelände spulte die norddeutsche Truppe die klassischen Testdisziplinen für Sommerreifen ab: Aquaplaning längs und quer, Handling nass und trocken, Seitenführung nass sowie Komfort, Geräusch und noch einmal Bremsen nass und trocken unterlagen der klassischen Schulnotenbewertung bei AutoBild. Ein eigenes Kapitel bilden die Kostenkriterien, wobei die Laufleistung mit 60 Prozent am stärksten zu Buche schlägt und dann nochmal als eigenes Kriterium im Verhältnis zum Anschaffungspreis gesetzt wird. Beispiel: Ein billiger Reifen, der keine Laufleistung bringt, bekommt keine gute Note. Überhaupt nicht unwichtig ist das Kostenkriterium Rollwiderstand, das den Benzinverbrauch stark beeinflusst – bei den derzeitigen Benzinpreisen erhöht sich die Bedeutung.
Die Ergebnisse: Goodyear überlegen
Nicht ganz unerwartet landen die Premiummarken auch im Finale wieder ziemlich weit vorn. Allerdings, der Sprung des Goodyear Efficient Grip Performance 2 (eine Unsitte diese Namensgebung bei Reifenprofilen) von Platz 16 in der Qualifikation zum Testsieger im Finale überrascht denn doch. Ein solcher Sprung gelingt dem Continental EcoContact 6, der es auch nur mit Ach und Krach in Finale geschafft hat, allerdings nicht – doch dazu später. Letzterer landet meilenweit hinter dem Spitzentrio, das noch durch den Hankook Ventus Prime 4 und den Michelin Primacy 4 ergänzt wird, die alle das Urteil “vorbildlich” erhalten. Deutlich die Nase vorn hat der Goodyear, der noch dazu die bestmögliche Note, nämlich eine 1+ im Kapitel “Kosten”, einheimst und damit auch das Prädikat “Eco-Meister” erhält. Der Reifen kann “fast” alles: “Premiumprofil mit überzeugenden Handlingeigenschaften, kurzen Bremswegen”, loben die Tester die Performance. Das hat seinen Preis, nur zwei von 21 sind teurer. Auf Anhieb den zweiten Platz ergattert der brandneue Hankook Ventus Prime 4, der “mit exzellentem Handling” sowie kurzen Bremswegen nass und trocken überzeugt und außerdem mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Mit einer guten Performance auf nasser und trockener Piste wartet auch der Michelin auf. Einziges Manko: Ein “hohes Preisniveau” drückt die Platzierung ein wenig.
Note “gut” – glorreiche Sieben
Es folgen sieben Reifen mit dem Gesamturteil “gut”, allen voran der Bridgestone Turanza T005, der tolle Eigenschaften aufweist, wie “guter Grip und exzellentes Nass- und Trockenhandling”, “präzises Lenkverhalten” und dergleichen mehr. Nur eben die “eingeschränkte Laufleistung” drückt die Platzierung, ähnlich wie auch bei den nachfolgenden sechs dieser “glorreichen Sieben”, die alle eine relativ gute Performance hinlegen. Auf Platz 5 folgt der Falken Ziex ZE310 Ecorun: unter anderem “stabiles Nasshandling, kurze Bremswege, dynamisches Trockenhandling”, aber “erhöhter Rollwiderstand”. Beim günstigen Kumho Ecsta HS52 stört die Tester nur ein verzögertes Lenkansprechen. Mit seiner günstigen Zweitmarke Sava Intensa UHP 2 landet der Goodyear-Konzern noch einen zweiten Coup auf Platz sieben: Gute Eigenschaften wie die “sehr gute Sicherheitsreserve bei Aquaplaning” wird nur getrübt durch die “eingeschränkte Laufleistung”. Auch der Platz 8 geht an den Goodyear-Konzern mit dem Dunlop Sport Maxx RT 2. Auch hier wieder “gute Aquaplaning-Eigenschaften, präzises Nasshandling”, dem ein “verzögertes Einlenkverhalten auf trockener Piste” gegenübersteht. Mit dem BF Goodrich folgt nun eine Zweitmarke aus dem Michelin-Konzern, die durchaus mehr für die trockene Piste gemacht ist als für die nasse. Dort untersteuert er gern und bremst länger. Der letzte der “gut” bewerteten Reifen ist, wie sollte es anders sein, mit dem Fulda SportControl 2, wieder ein Gummi aus dem Hause Goodyear. Aquaplaning, Bremswege Preis-Leistung – alles gut, Abzüge gibt es durch die “mäßige Laufleistung” und das verzögerte Ansprechen bei der Lenkung.
Note “befriedigend” – Zehn sind dabei
In diesem großen Testfeld folgen nun nicht weniger als zehn Reifen, die alle mit der Note “befriedigend” durchkommen. Der Toyo Proxes Comfort ist im Trockenen gut, das zeigt sich an den Bremswegen. “Geringe Sicherheitsreserven” zeigen sich beim Aquaplaning. Genau da ist der Debica Presto UHP deutlich besser durch “sichere Aquaplaning-Eigenschaften”. Kritik bringt “verzögertes Einlenken, untersteuerndes Trockenhandling” und eine “mäßige Laufleistung” – Platz 12 damit für eine weitere Marke aus dem Goodyear-Konzern. Dem folgt die Michelin-Marke Kleber Dynaxer HP4 auf Platz 13, bei dem es aber an der Fahrdynamik im Nassen hapert: “mäßiger Grip” stellen die Tester fest und “untersteuerndes Fahrverhalten”. Recht gute fahrdynamische Werte bringt der Vredestein Ultrac auf die Piste bei Aquaplaning, Bremsen und im Handling, vermiest sich aber seine Note durch eine “stark eingeschränkte Kilometerleistung”.
Der Platz 15 wird gleich dreimal vergeben, da liegen die Kandidaten ganz eng beieinander: Der Laufenn S Fit EQ+, eine günstige Zweitmarke von Hankook, gefällt mit guten Eigenschaften im Trockenen, nur auf Nässe hapert es ein wenig: “eingeschränkter Grip und verlängerte Bremswege”. Umgekehrt der Maxxis Premitra 5 HP5, der beim Aquaplaning gut gefällt, weniger aber durch sein “untersteuerndes Trockenhandling”, ganz ähnlich dem koreanischen Nexen N’Fera Primus: Gut im Aquaplaning, aber weniger gut für den Geldbeutel durch “erhöhten Rollwiderstand”.
Weiter geht es dann mit dem Platz 18, den der Goodride Zuper Ace SA-57 belegt und neben einem günstigen Preisniveau immerhin “gute Aquaplaningeigenschaften” vorweisen kann. Nur so ganz wohl fühlt sich die chinesische Marke auf dem nassen Untergrund immer noch nicht, es bleiben “untersteuerndes Handling und verlängerte Bremswege auf nasser Piste” zu beanstanden. Auch erstaunlich: Der teuerste Reifen im Vergleich landet auf Platz 19 von 21. So muss sich der Continental EcoContact 6 hinter einigen Budget-Pneus als drittletzter im Test einreihen. Die “Eco”-Disziplinen wie Laufleistung und Rollwiderstand meistert er mit Bravour und Bestnoten, aber fahrdynamische Defizite wie “eingeschränkte Aquaplaning-Reserven, verlängerte Nassbremswege, verzögertes Einlenkverhalten, untersteuerndes Fahrverhalten” wiegen doch schwer und drücken die zuweilen siegverwöhnte Marke ziemlich arg nach unten. Allerdings befinden wir uns immer noch im Bereich “befriedigend”. Als letzter mit dieser Note wird der GT Radial FE2 SUV beurteilt. Den Aquaplaning-Test absolviert er mit “gut”, es mangelt an der Fahrdynamik: Verzögertes Einlenken und “untersteuerndes Fahrverhalten” werden kritisiert.
Nokian fällt tief
Die rote Laterne bleibt dem Nokian Powerproof überlassen, der in der Qualifikation noch Platz 6 belegen konnte. Im Finale reicht es nur noch zu einem “bedingt empfehlenswert”. Im Nassen zwar noch gut durch “überzeugend dynamisches Nasshandling” fehlt es bei ihm an Dynamik im Trockenen: “verzögertes Einlenken”, “geringe Stabilität auf trockener Piste”, lautet die Kritik. Auch ökonomisch ist kein Gewinn zu sehen, denn der Powerproof bietet nur eine “stark eingeschränkte Laufleistung” – so tief kann man fallen.
AutoBild-Reifentest in 215/55 R17
Testfahrzeug: VW Passat Variant
Fazit: Qualität als Standard
Nein, es waren keine schlechten Reifen mehr im Vergleich. Die waren durch die Qualifikation ausgesiebt. Vor denen wurde schon gewarnt. Das spricht sehr für das Auswahlsystem bei der AutoBild. Jeder Reifen hatte seine Chance. Deshalb konnten die Tester nun zahlreiche gute Noten vergeben. Siebenmal “gut” und zehnmal “befriedigend”, das zeigt einen hohen Qualitätsstandard. Immer mehr scheinen auch die fernöstlichen Hersteller in den Nässedisziplinen zuzulegen. Hankook und Kumho sind schon länger vorne etabliert, aber auch Goodride, GT Radial und Maxxis lernen dazu. Die Tester weisen noch auf die chinesischen Marken Sailun und Linglong hin, die ebenfalls in Sachen Qualität “auf dem Vormarsch” sind. Außerdem: Die zahlreichen Zweitmarken der großen Hersteller, im vorliegenden Test vor allem von Goodyear, bilden oft eine preiswerte Alternative ohne allzu große Abstriche an der Qualität zu machen. Der Conti EcoContact 6 enttäuscht in diesem Test als ein Reifen mit eher unausgeglichenen Eigenschaften: “Zu viel Eco, zu wenig Contact”, könnte man sagen, was auf einen Zielkonflikt bei der Entwicklung hinweist: Rollwiderstand und Laufleistung auf Kosten der Nasshaftung. Ein Spritsparer ist das mit Sicherheit. Aber der ebenfalls in der gefragten Größe erhältliche Conti PremiumContact hätte in diesem Test vermutlich ein Ergebnis weiter vorne erzielt. Seis drum. Der Test zeigt: Es gibt gute Reifen genug. Und wer die Wahl hat … sollte es auch tun. Und zwar bald, es wird nicht günstiger.