Es ist ja mittlerweile fast schon unanständig, aber es gibt sie noch in üppiger Anzahl: Menschen, die Spaß am Autofahren haben, obwohl die derzeitigen Benzinpreise und deren Überfrachtung mit Steuern und Abgaben diesen Spaß gehörig versalzen können. Seis drum, wer ein Faible für sportliche Fahrzeuge hat und sich vielleicht sogar einmal auf eine Rennstrecke wagt, der oder die gehört zur Zielgruppe der Zeitschrift “sport auto”, die ohne einen Reifentest keine Saison beginnen lässt. Diesmal unter dem programmatischen Titel “Grip for fun”. Auf dem Prüfstand stehen zehn Modelle der bei leistungsstarken Kompaktmodellen vom Schlage eines Golf GTI oder Hyundai i30 N weit verbreiteten Dimension 235/35 ZR19. Am Ende der Reifenprüfung steht ein erstaunliches Ergebnis: Ein Reifen bringt außerordentliche Leistungen auf trockenem wie auf nassem Asphalt und schließt erstmals mit dem Prädikat “überragend” ab. Welcher das ist, erfahren Sie hier.
(10 Reifen in der Dimension 235/35 ZR19 standen bei der sportauto auf dem Prüfstand. Bild: Volkswagen)
Drei Sorten Reifen: UHP, UUHP und Semislicks
Die Dimension 235/35 ZR19 ist keine allgemeine Rennergröße, aber das Angebot im Markt ist reichlich, weil viele Hersteller mit unterschiedlicher Preisstellung in dieses lukrative Segment drängen. Doch es geht im Test nicht einfach nur um eine Dimension mit vielen Marken, sondern um die besonders sportliche Auslegung des Reifens, sodass man hier von drei Klassen sprechen kann: sogenannte “UHP”-Reifen, das heißt Ultra-High-Performance-Reifen, die schon auf eine hohe Fahrdynamik ausgelegt sind. Davon gehen 4 Vertreter in den Vergleich. Eine Steigerung davon bilden die mit drei Kandidaten vertretenen “UUHP”-Reifen, das Kürzel steht für Ultra-Ultra-High-Performance. Den Gipfel der Fahrdynamik verspricht die nur sparsam profilierte Kategorie der “Semislick/Cup-Reifen”, von denen die Tester drei Exemplare zum Vergleich heranziehen.
Bewertung und Kriterien: Drei Tests in einem
Dabei ist sich die Redaktion der Problematik im Vergleich dieser drei Kategorien durchaus klar. Die Auslegung der Reifen ist zu unterschiedlich, um alle Probanden einheitlich über einen Kamm zu scheren. Ein fairer Vergleich rennstreckenorientierter “Semis” mit Straßenreifen sei so nicht möglich; die Tester versuchen einen Ausgleich in der Bewertung: Die Semislicks können in den dynamischen Trockendisziplinen eine höhere Punktzahl erreichen (12 statt 10), um ihrer überragenden Performance auf trockener Rennstrecke Rechnung zu tragen. “Nur so können Sportreifen ihre massiven Defizite auf nasser Piste durch Spitzenperformance auf der Rennstrecke ausgleichen”, begründen die Tester diese kleine Hilfskonstruktion. Das zum einen. Darüber hinaus erhält jede Reifensorte einen eigenen Bewertungsschlüssel mit unterschiedlicher Gewichtung der Nass-, Trocken- und Umwelteigenschaften. Beispiel: Bei den UHP-Reifen kommen die Nasseigenschaften zu 40 Prozent in die Wertung, bei den UUHP-Pneus zu 30 Prozent und bei den Semislicks nur zu 10 Prozent, und die Umwelteigenschaften wie Rollwiderstand und Geräusch fallen ganz weg. Auf der Rennstrecke spielt das auch wirklich keine Rolle – Race-Wertung nennt das die sport auto. Für alle gleich sind die Fahrversuche auf nassem und trockenem Untergrund und das Testfahrzeug: Alle Kandidaten müssen auf einem Hyundai i30 N mit 280 PS zeigen, was sie können. Trotzdem: Die sport auto bringt hier nicht einen Test mit zehn Reifen, sondern drei Tests in einem, der letztlich auch drei Sieger hervorbringt.
Die Ergebnisse: Conti SportContact 7 überragend
Die UHP-Klasse: Einmal mehr bestätigt sich die alte Reifen-Weisheit, dass die neuen Reifen oft die besseren sind. Und so schlägt der brandneue Continental SportContact 7 die Konkurrenz doch deutlich und kann als erster Kandidat das Prädikat “überragend” einheimsen. Besonders die Leistung auf Nässe nötigt Tester Thiemo Fleck ein “Chapeau” für den neuen Conti ab, “der mit deutlichem Abstand (2,5 m) besser auf Nässe bremst als alle anderen und damit in Sachen Wetgrip eine neue Ära einläutet.” Toll, Sportfahrer, was willst du mehr? Dem stehen die Eigenschaften im Trockenen in nichts nach: “Vernünftiges Sportangebot mit überragenden Sicherheitsreserven im Alltag”, resümieren die Tester, die nur “marginale Defizite im Längsaquaplaning und im Abrollkomfort” konstatieren. Mit etwas Abstand (8,3 auf 9,3 von maximal 10 Punkten) folgt der Michelin Pilot Sport 4, der sich “bei noch sicherem Nässeverhalten sehr spontan, direkt, präzise und dynamisch auf trockenen Straßen” bewegen lässt und auch “sportliche Ansprüche” erfüllt. Auch hier ein Top-Urteil: “sehr gut”. Die folgenden Kandidaten schneiden immerhin mit einem “gut” ab: Der Pirelli P Zero punktet mit “ordentlicher Seitenführung und sehr neutraler Balance”, erntet aber auch Kritik wegen längerer Bremswege und “Defizite im Grip bei hohen Kurvengeschwindigkeiten”. So verpasse der Pirelli “den Anschluss” an die Spitze, resümiert der Testbericht. Als vierter im UHP-Quartett kommt der Falken Azenis FK510 zum Zuge, der sich als “sicher und leicht beherrschbar auf Nässe” zeigt, im Trockenen aber “wenig sportives und sehr träges Lenkansprechen” mit geringer Lenkpräzision an den Tag legt. Nach Meinung der Tester ein ”günstiger Straßensportler” für eher moderat motorisierte Fahrzeuge.
Weiter geht’s mit dem Trio der UUHP-Reifen, die in Sachen Sportlichkeit noch eine Schippe drauflegen wollen. Ganz vorn als Sieger seiner Klasse landet der Bridgestone Potenza Sport mit einem “sehr gut”: Er überzeugt durch “Überragende und sichere Kurvendynamik auf nassen und trockenen Strecken, verbunden mit überraschend guter Aquaplaning-Vorsorge. Hohe Lenkagilität und -präzision”. Das spricht durchaus für eine gute Alltagstauglichkeit, die allerdings durch nur mäßigen “Bremsgrip nass wie trocken” getrübt wird. Es zeigt sich in dieser Klasse: Die Bremsperformance, besonders auf Nässe, ist der Schwachpunkt in dieser Reifenkategorie. Das trifft auf den Rest im Trio, den Hankook Ventus S1 evo Z und gleichermaßen auch auf den Goodyear Eagle F1 SuperSport zu: “Schwache Bremsperformance, besonders auf Nässe” (Hankook) und “Schwache Bremsleistungen im Alltagstemperaturbereich” (Goodyear). Beide erhalten dennoch das Urteil “gut” aufgrund ihrer “dynamisch-sportive(r)” (Hankook) und “ausgewogenen Leistungen” (Goodyear).
Die Schwäche auf Nässe verstärkt sich konstruktionsgemäß bei der Kategorie Semislicks. Diese für den Alltagsbetrieb nicht empfohlene Reifenspezies ist auf eine trockene Piste ausgelegt, deshalb schlagen die Nässeeigenschaften nur mit 10 Prozent zu Buche. Alle drei Kandidaten beurteilt sport auto mit “sehr gut”, so eng liegt das Testfeld beieinander. Besonders bewährt sich dabei der Nankang AR-1, den man mit einem Hauch Vorsprung als Sieger seiner Klasse sehen kann: “Der Slick-ähnliche Nankang: Top on Track”, aber der Testbericht fügt hinzu: “aber nichts für die Straße”. Grund: kritisch bei Nässe! Nur knapp dahinter reiht sich der Pirelli P Zero Trofeo R ein, der in der Spezifikation N0 (für Porsche) herangezogen wird. Seine Qualitäten: “Sehr präzises Lenkverhalten auf hohem Seitenführungsniveau. Breiter, vertrauensbildender Grenzbereich”. Die Track-Qualitäten beherrschen somit alle drei, inklusive der Michelin Pilot Sport Cup 2 (Connect), “Hohe Präzision und sehr vertrauensbildende Fahrbarkeit im sportlich-dynamischen Geschwindigkeitsbereich”. Dem Michelin sprechen die Tester sogar eine Alltags-Option zu, wei er ein “erstaunlich hohes Nassgriffpotenzial” zeigt.
sportauto-Reifentest in 235/35 ZR19
Testfahrzeug: Hyundai i30 N
Platz | Modell | Nass* | Trocken* | Umwelt* | Gesamt |
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1. | CONTINENTAL SPORTCONTACT 7 Zum Angebot >> |
8,9 | 9,4 | 10,0 | 9,3 |
2. | MICHELIN PILOT SPORT 4 Zum Angebot >> |
8,0 | 8,4 | 9,1 | 8,3 |
3. | PIRELLI P ZERO Zum Angebot >> |
8,0 | 7,7 | 7,2 | 7,7 |
4. | FALKEN AZENIS FK510 Zum Angebot >> |
7,7 | 7,5 | 7,2 | 7,5 |
5. | BRIDGESTONE POTENZA SPORT Zum Angebot >> |
9,0 | 8,0 | 6,3 | 8,2 |
6. | HANKOOK VENTUS S1 EVO Z Zum Angebot >> |
7,3 | 7,2 | 7,9 | 7,3 |
7. | GOODYEAR EAGLE F1 SUPERSPORT Zum Angebot >> |
7,2 | 7,3 | 6,9 | 7,2 |
8. | NANKANG AR-1 Zum Angebot >> |
2,7 | 8,6 | 6,6 | 8,9 |
9. | PIRELLI P ZERO TROFEO R |
4,8 | 8,7 | 5,9 | 8,5 |
10. | MICHELIN PILOT SPORT CUP 2 Zum Angebot >> |
5,7 | 8,2 | 7,9 | 8,3 |
(*Wertung für UHP-Reifen: nass: 40 %; trocken: 50 %; Umwelt: 10 %.)
Fazit: Alles Sieger!
Drei Klassen, drei Sieger könnte man meinen. Aber das Niveau ist so hoch, die Urteile schwanken von “überragend” bis “gut”, dass eigentlich alle Kandidaten als Sieger vom Platz rollen können. Es gibt in diesem Vergleich keine schlechten Kandidaten – zumindest nach den hier angewendeten Kriterien. Allerdings handelt es sich um sehr unterschiedliche Reifenklassen. Vor allem die Semislicks sind wegen ihrer ausgeprägten Schwäche bei Nässe mit Vorsicht zu genießen. Damit kann man vielleicht kurze Strecken zur Rennstrecke fahren – für den Alltag ist diese Spezies allerdings ungeeignet und nicht empfohlen. Da könnte der Spaß am Fahren schnell vorbei sein.