GTÜ, ACE und ARBÖ: Der große Winterreifentest
Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken – höchste Zeit also, das Auto winterfest zu machen. Da sind Winterreifen mit ihrer speziellen Gummimischung zweifellos die beste Wahl für die kalte Jahreszeit. Aber wer neue Pneus aufziehen lassen will, der wird von einem riesigen Angebot nahezu “erschlagen”. Um die Qual der Wahl zu erleichtern, fanden sich einmal mehr die Prüforganisation GTÜ sowie die Autoclubs ACE und der österreichische ARBÖ zum “großen Winterreifentest” zusammen, mit dem Ergebnis: Alle Kandidaten konnten ein “ordentliches Ergebnis” abliefern.
Das Testprogramm
Das stimmt zuversichtlich. Trotzdem gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede, die im Test auf Herz und Nieren auch zutage traten. Die Kandidaten mussten dabei umfangreiche Prüfungen über sich ergehen lassen und sich auf Schnee, auf Nässe und auf Trockenheit beweisen. Neben dem klassischen Testprogramm mit Bremsversuchen, Traktionsmessungen und Handling auf verschiedenen Untergründen sowie Aquaplaning längs und quer nahmen die Tester auch die Wirtschaftlichkeit unter die Lupe. Der Preis wurde bewertet und der Rollwiderstand gemessen, der sich direkt auf den Benzinverbrauch auswirkt. Leider lässt das Prüfprogramm die Messung der Laufleistung vermissen, die man dann ins Verhältnis zum Preis setzen könnte – aber diesen Luxus finden wir nur bei wenigen Reifentests.
Die Testreifen im Ranking
GTÜ Winterreifentest in der Dimension 225/50 R17Testfahrzeug: BMW 3er |
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Platz | Profil |
Schnee Max. 80 Punkte |
Nass Max. 80 Punkte |
Trocken Max. 60 Punkte |
Kosten Max. 40 Punkte |
Urteil und Angebote |
60 | 64 | 47 | 29 |
sehr empfehlenswert |
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2. Platz | 60 | 63 | 42 | 29 |
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3. Platz | 53 | 66 | 44 | 30 |
empfehlenswert |
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4. Platz | 52 | 63 | 48 | 29 |
empfehlenswert |
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5. Platz | 45 | 67 | 46 | 30 |
empfehlenswert |
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6. Platz | 49 | 60 | 49 | 30 |
empfehlenswert |
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7.Platz |
43 | 65 | 47 | 32 |
empfehlenswert |
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8.Platz |
45 | 54 | 43 | 29 |
empfehlenswert |
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9.Platz |
45 | 54 | 43 | 29 |
bedingt empfehlenswert |
Die Auswahl – Testgelände, Marke und Dimension
Reifentests sind ein kostspieliges Unternehmen und keine Testcrew verfügt über eigene Teststrecken. Genutzt werden bisher stets die Prüfgelände der Industrie, so wie in diesem Fall das Contidrom von Continental in Norddeutschland sowie das Conti-Areal in Skandinavien für die Versuche im Schnee. Dies hat den Effekt, dass die Produkte dieses Herstellers dann leicht im Vorteil sind, weil dessen Reifen eben hier entwickelt wurden.
Die “Qual der Wahl” haben zunächst die Prüfer selbst bei der Auswahl ihrer Testkandidaten aus einem fast unüberschaubaren Angebot im Reifenmarkt. Die Gründe der Auswahl erfahren wir leider – wie auch hier – in den seltensten Fällen. Der Schwerpunkt der Auswahl liegt hier deutlich bei den Premiummarken. Weil alle großen Hersteller mehrere Preisschienen abdecken wollen, führen sie mehrere Marken ins Feld. So haben Michelin mit dem Alpin 6 und dem BF Goodrich G-Force Winter 2 sowie Goodyear mit dem Ultragrip Performance+ und dem Fulda Kristall Control HP2 gleich zwei Eisen im Feuer, Continental und Gastgeber der Prüfgelände schickt sein Flaggschiff Wintercontact TS 860 ins Rennen. Fehlt noch Bridgestone mit dem Blizzak LM005, dann sind die vier größten Hersteller mit sechs Produkten und der größten Marktbedeutung genannt. Da stehen Nokian mit dem WR Snowproof, Vredestein mit dem Wintrac Pro und Falken mit dem Eurowinter H501 anteilsmäßig in der zweiten Reihe. Die Massendimension 225/50 R17 deckt einen sehr breiten Einsatzbereich ab und passt auf zahlreiche Mittelklassemodelle von Ford, Mercedes, Opel, Volkswagen und viele mehr. Somit kann der Test für viele Autofahrer nützlich sein. Als Testfahrzeug dient in diesem Fall ein 3er BMW mit der Charakteristik Hinterradantrieb.
Eine wichtige Testdisziplin: Handling auf Nässe. Auch hier konnten die großen Marken glänzen.
Bridgestone siegt, BF Goodrich überrascht
Ganz gleich welchen Test man betrachtet, der Bridgestone Blizzak LM005 ist immer ganz oben mit dabei. “Seine besonderen Stärken sind kurze Bremswege und gute Traktion”, loben die Tester das Produkt. Beispielsweise beim Bremsen auf Schnee aus Tempo 50. Der Bridgestone steht bereits nach 23,8 Metern, während der Falken als schlechtester im Test noch 2,4 Meter weiter schlittert. Im Nassen aus Tempo 100 km/h zeigt der Blizzak seine Überlegenheit noch deutlicher: Der steht bereits nach 50 Metern, während der zweitbeste Reifen noch mit 18,6 km/h unterwegs ist und der Fulda als letzter im Bunde gar noch mit 37,5 km/h vorbeihuscht.
Die große Überraschung bietet aber Michelins Zweitmarke BF Goodrich, beispielsweise durch auffällig gutes Handling auf Schnee. Wie der Bridgestone folgt auch der G-Force Winter 2 den Lenkbewegungen der Tester exakt und die präzise Seitenführung sowie hohe Traktion sorgen für viel Tempo auf dem Handling-Kurs. Dagegen enttäuscht der Falken die Tester. Die Spitzenmarken Michelin, Goodyear und Bridgestone liegen auf nassem Terrain dicht nebeneinander. Im Trockenen angelt sich der Continental einen Spitzenplatz, den der WinterContact TS 860 im Gesamtergebnis aber nicht umsetzen kann. Bridgestone heimst die meisten Punkte ein, obwohl die Verfolger dem Blizzak dicht auf den Fersen bleiben. Nokian, Vredestein und besonders Falken landen abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Vor allem die Nässeperformance hat da nicht ausgereicht.
Fazit
Der Reifenmarkt bietet gute Qualität, denn trotz der Unterschiede attestieren die Tester allen Kandidaten ein “ordentliches Ergebnis”. Das bedeutet siebenmal das Prädikat “empfehlenswert”. Nur Falken muss sich mit dem Zusatz “bedingt” abfinden. Dass Bridgestone ein Top-Produkt im Markt hat, wird auch mit diesem Test einmal mehr bestätigt. Die große Überraschung aber ist BF Goodrich, hier schlägt die Zweitmarke die Erst- und Premiummarke Michelin. Ein Umstand, der noch deutlicher zu Buche schlägt, wenn man den Preisunterschied betrachtet. So ist zwar Bridgestone der Sieger im Test, aber der BFGoodrich G-Force Winter 2 könnte bei vielen Autofahrern der Sieger im Geldbeutel sein.