Im Vergleich zum PKW haben beim Motorrad die passenden Reifen einen deutlich stärkeren Einfluss auf die Fahreigenschaften. Damit ihr sicher auf zwei Rädern unterwegs seid, gibt es hier ein paar Tipps.
Grundsätzlich ist beim Motorrad zu beachten
- Überprüft vor jeder Motorradtour den Reifendruck
- Ersetzt alte Reifen regelmäßig
- Beachtet die Neuregelung für Motorradreifen, die nach 2019 gefertigt werden
Der Reifendruck muss stimmen
Der passende und korrekte Reifendruck ist ein entscheidender Faktor für den allgemeinen Fahrkomfort, die Fahrstabilität des Motorrads sowie die Betriebstemperatur und den Verschleiß des Motorradreifens. Die erforderlichen Angaben vom Hersteller für die vorgesehenen Fülldruckwerte für die Motorradreifen findet ihr in der Bedienungsanleitung, auf den Aufklebern an der Schwinge, am Rahmen oder unter der Sitzbank.
Grundsätzlich gilt: Die Motorradreifen der meisten Straßenmaschinen sollten einen vorderen Reifendruck mit 2,5 bar und hinten mit 2,9 bar aufweisen. Bei Enduros und spezielle Maschinentypen sowie besonderer Anwendung sind andere Druckwerte ratsam. Von der Beladung abhängige Reifendruckwerte sind selten vorgegeben. Weicht ihr von den Herstellervorgaben ab und verwendet ihr einen niedrigeren Reifendruck könnt ihr je nach Anwendung und Wetterlage die Fahr- und Traktionseigenschaften des Motorrads verbessern. Das macht sich bemerkbar bei Fahrten mit sehr niedrigen Temperaturen. Aber auch hier gilt: Keine Experimente, informiert euch direkt bei eurem Reifenhersteller.
Laut Herstellervorgabe solltet ihr grundsätzlich vor jeder Fahrt den Reifendruck am kalten Reifen prüfen. Das ist sinnvoll, wenn euer Motorrad einige Tage oder Wochen nicht bewegt wurde. Hierfür könnt ihr kleine Druckprüfer als Handgeräte nutzen. Neben dem Reifendruck könnt ihr den allgemeinen Gesamtzustand der Reifen überprüfen. Darunter zählt: Wie ist der aktuelle Profilstand? Gibt es größeren Verschleiß? Ihr solltet auch im Blick haben - Nimmt der Reifendruck innerhalb weniger Wochen stark ab, so um circa 1 bar, müsst ihr unbedingt das Rad und das Ventil eingehend auf mögliche Undichtigkeiten untersuchen.
Die ausreichende Profiltiefe ist besonders auf nasser Fahrbahn und bei höheren Geschwindigkeiten wichtig. Laut Gesetzgeber ist eine Profiltiefe von mindestens 1,6 Millimeter vorgeschrieben. Diese Grenze sollte aber nicht ausgereizt werden. So empfiehlt sich, spätestens bei zwei Millimetern, die Reifen zu tauschen. Die meisten Reifen besitzen den TWI (tread wear indicator): Kleine Stege im Profilgrund helfen euch, die richtige Messstelle zu finden. Dort wird die Profiltiefe direkt neben den kleinen Stegen gemessen. Die Unterschreitung des gesetzlichen Grenzwerts stellt nicht nur ein höheres Unfallrisiko für sich und andere Straßenverkehrsteilnehmer dar, sondern es drohen auch Bußgeld und drei Punkte im Flensburger Fahreignungsregister.
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Die fortschreitende Alterung von Motorradreifen
Sehr oft kommt es vor, dass Motorradreifen unbemerkt sehr alt werden. Gerade wenn das Motorrad selten bis wenig gefahren wird. Das stetige Stehen und ungünstige Umgebungsbedingungen verschlechtern die Eigenschaften eurer Reifen. Daher solltet ihr das Reifenalter und die damit verbundenen sichtbaren Alterungserscheinungen stets beachten. Bei Unsicherheiten, solltet ihr die Reifen für euer Motorrad unbedingt ersetzen.
Deutliche Alterungserscheinungen sind erkennbare Verfärbungen und Risse. Bei Unsicherheiten bezüglich der Beurteilung des Reifenzustands, kann ein Fachmann weiterhelfen. Das Reifenalter kann anhand der DOT-Nummer auf der Reifenflanke ermittelt werden. Dafür wird nur die vierstellige Ziffernfolge am Ende der DOT-Nummer benötigt. Die ersten zwei Ziffern stehen für die Produktionswoche, die letzten zwei Ziffern für das Produktionsjahr. Die Reifennutzung über das sechste Jahr hinaus wird nicht empfohlen.
Unabhängig von der DOT-Nummer kann eine Verhärtung der Gummimischung allerdings auch schon früher als nach fünf Jahren auftreten und gefährlich werden. Gerade bei Motorrädern, die bei Wind und Wetter, im Sommer wie im Winter auf der Straße stehen, kommt das häufiger vor. In diesen Fällen steht der Reifenwechsel definitiv früher an.
Das gilt auch für Reifen mit ungleichen Verschleißbildern. Umgangssprachlich sprechen Biker hier von "Autobahn-Platten". Aber auch bei Beschädigungen der Reifenflanken, die beim Überfahren von scharfen Kanten wie zum Beispiel Bordsteinen entstehen können, ist Vorsicht geboten. Ein Reifen vergisst nichts. Das bedeutet, selbst wenn von außen nichts sichtbar beschädigt ist, kann sich der Motorradreifen unter besonderen Extrembedingungen wie langer, schneller Fahrt bei großer Hitze genau an der bereits vorgeschädigten Stelle auflösen.
Vorsicht bei neu montierten Reifen
Immer wieder kommt es bei Motorradfahrern mit Neureifen zu Unfällen. Das hat einen einfachen Grund: Motorradreifen besitzen produktionsbedingt eine glatte Oberfläche und müssen die ersten 20 bis 50 Kilometer vorsichtig eingefahren werden. Das ist umso wichtiger, wenn die Fahrbahn nass ist. Daher ist besondere Vorsicht beim Bremsen, Beschleunigen und bei der Schräglage in Kurven geboten.
Zusätzlich können sich neu montierte Reifen unter hoher Last, bei starkem Bremsen oder Beschleunigen, auf der Felge drehen. Den Reifenhersteller ist der Umstand bewusst und diese versuchen bereits die Risiken durch verschiedene Maßnahmen zu minimieren. Trotzdem ist ganz wichtig, dass sich jeder Motorradfahrer nach der Reifenmontage neu montierter Reifen dieser Situation bewusst ist und sein Fahrverhalten dementsprechend anpasst.
Unser Praxistipp: Nutzt die Winkelventile
Die Reifendruckkontrolle beim Motorrad ist manchmal gar nicht so einfach. Häufig erschwert die Position und die Länge vieler gerader Snap-in-Ventile. So stören am Vorderrad die Bremsscheiben, am Hinterrad das Kettenrad oder die Bremsscheibe. Nicht selten, sind auch die Hinterradfelgen so breit, dass die Reifenventile mit den Standardsteckern des Tankstellenprüfgerätes schwer oder nicht erreichbar sind. Meist entweicht bei der Druckkontrolle nur Luft und eine Reifendruckerhöhung ist nicht möglich, weil sich der Stecker nicht korrekt aufsetzen lässt.
Hier können Winkelventile aus Metall die perfekte Abhilfe schaffen. Ganz einfach beim nächsten Reifenwechsel, bei dem das standardmäßige Gummiventil ohnehin ersetzt werden muss, das neue Winkelventil aus Metall so anbringen, dass bei der nächsten Reifendruckprüfung der seitliche Zugang deutlich leichter fällt. Ihr müsst beachten, dass die Metallventile zu der Ventilbohrung und zu der Felgenkontur passen. Die Winkelventile müssen nicht bei jeder nachfolgenden Reifenmontage ersetzt werden. Die höheren Kosten der Metallventile lohnen sich und ihr habt die Unkosten bei der nächsten Reifenmontage wieder raus. Ein neuerliches Auswuchten der Felge nach Montage der Metallventile kann erforderlich sein.
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Die Kennzeichnung von Motorradreifen und gesetzliche Neuregelungen
In Deutschland gab es für viele Motorräder bis vor Anfang 2020 in der Praxis gut funktionierende Verfahren, die sichergestellt haben, dass bestimmte Motorrad-Reifen-Kombinationen von den Herstellern getestet und freigeben wurden.
Für neue Reifen, die nach Anfang 2020 gefertigt werden oder wurden, gelten jetzt gesetzliche Neuregelungen, die in innerhalb der Branche und in der Praxis teilweise für Verwirrung sorgen. Für Motorräder mit EG-Typgenehmigung im Serienzustand wurden die Reifenfabrikatsbindungen generell aufgehoben. Es ist nur zu empfehlen, dass Reifen montiert werden, für die aktuelle Service-Informationen der Reifenhersteller vorliegen.