Wasserstoffautos und Elektroautos stehen seitdem die Europäische Union das Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 beschlossen hat, noch stärker im Fokus. Während E-Autos in Deutschland mittlerweile schon die Schwelle von 1 Million Zulassungen überschritten haben, führen Wasserstoffautos mit wenigen hundert Zulassungen noch ein Schattendasein. In diesem Ratgeber kannst du dich mit der Technologie und Infrastruktur rund um das Wasserstoffauto vertraut machen, auch mit der viel diskutierten Umweltbilanz.
Wasserstoff als alternativer Antrieb der Zukunft?
Weltweit betrachtet spielen Brennstoffzellen-Autos noch keine große Rolle. Zwar stiegen die Verkaufszahlen zuletzt deutlich an, aber auf einem schwachen Niveau. 2021 wurden weltweit etwa 16.000 Wasserstofffahrzeuge verkauft. Zum Vergleich: Im selben Jahr wurden alleine in Deutschland gut 350.000 Elektroautos zugelassen.
Elektroautos sind momentan klar die führende Technologie in Bezug auf alternative, zukunftsfähige Antriebsformen. In deinem Lebensalltag wirst du auch längst bemerkt haben, dass die Infrastruktur (Ladesäulen etc.) mittlerweile vielerorts ausgebaut wird. Wasserstofftankstellen hingegen sind nahezu unsichtbar. Besonders gefragt ist das Wasserstoffauto übrigens in Südkorea, wo mehr als 50 % der weltweiten Neuzulassungen stattfinden.
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Wie funktioniert ein Wasserstoffauto?
Die korrektere Bezeichnung ist eigentlich Brennstoffzellen-Auto. Ein Blick auf die Technik zeigt schnell, dass auch mit Wasserstoff angetriebene Autos sind. Der Hauptunterschied ist darin zu sehen, dass der Antrieb bzw. die Stromerzeugung im Wasserstoffauto erst während der Fahrt erfolgt. In der Brennstoffzelle findet die Umkehrung der Elektrolyse statt, sodass elektrischer Strom aus dem Wasserstoff gewonnen werden kann. Hierzu sind durchlässige Membranen in der Brennstoffzelle notwendig. Beim Prozess der Elektrolyse entsteht neben Strom auch Wärme. Eine integrierte Batterie fungiert als Puffer, um Lastspitzen beim Beschleunigen abzudecken.
Da Wasserstoff sehr flüchtig ist, unterscheidet sich der Tank erheblich von konventionellen Verbrennern: Stark isolierte und doppelwandige Tanks sind notwendig, um Wasserstoff in gasförmigem Zustand oder flüssig bei minus 253 Grad Celsius speichern zu können. Isolationsmaterialien sorgen für ein Vakuum zwischen den beiden Tankhüllen, um die Temperatur zu halten und unerwünschte Abdampfverluste zu minimieren. Es ist technisch durchaus anspruchsvoll, Wasserstoff im Tank zu speichern.
Welche Wasserstoffautos gibt es?
Hyundai gilt als Pionier der Wasserstoffentwicklung, was auch die Beliebtheit in Südkorea erklären kann. Mit dem Hyundai Nexo hat der Autobauer ein erfolgreiches Modell auf den Markt gebracht. Toyota hat mit dem Mirai eine komfortable Limousine mit Brennstoffzellentechnik eingeführt. Insgesamt ist das Angebot aber sehr überschaubar, da die meisten Hersteller sich inzwischen auf Elektrofahrzeuge fokussieren. So hatte Mercedes den GLC F-Cell nur kurzzeitig auf dem Markt, was auch an der geringen weltweiten Nachfrage liegen dürfte. Mit dem Opel Vivaro-e-Hydrogen, dem Peugeot Expert und dem Citroën Jumpy sind wenige weitere Modelle mit Brennstoffzellentechnik verfügbar.
Der Pioniergeist von Hyundai wird auch daran deutlich, dass der Hersteller den ersten Lastkraftwagen mit Wasserstoffantrieb auf die Straße bringt, immerhin mit einer Reichweite von 400 Kilometern. Die Reichweite von Wasserstoffautos ist mit denen von Verbrennungsmotoren durchaus vergleichbar. Die genannten Modelle schaffen teils mehr als 600 Kilometer.
Interessant ist noch der Hinweis auf BMW: Der Traditionshersteller hat bereits bivalente Otto-Motoren konstruiert, die neben Benzin auch Wasserstoff verbrennen können. Hierbei handelt es sich aber eher um eine Nischenstrategie. Sie zeigt aber, was technisch alles möglich ist!
Was kostet ein Wasserstoffauto?
Die oben genannten Modelle von Hyundai und Toyota sind ab 63.000 Euro zu haben. Beim Nexo liegt der Grundpreis bei stolzen 77.000 Euro. Die hohen Preise erklären sich durch das geringe Angebot und die kaum vorhandene Nachfrage. Elektroautos sind in einem vergleichbaren Segment mittlerweile deutlich günstiger zu haben, auch durch attraktive staatliche Förderprämien.
Wie viele Wasserstofftankstellen gibt es in Deutschland?
Wenn du mit dem Gedanken spielst, ein Wasserstoffauto zu kaufen, ist diese Frage fundamental. Denn ohne funktionale Infrastruktur ergibt es kaum Sinn, jetzt in ein Wasserstoffauto zu investieren. Bislang gibt es in Deutschland etwas mehr als 100 Wasserstofftankstellen, sodass keine Rede von einer flächendeckenden Versorgung sein kann.
Im Rahmen der von der Bundesregierung beschlossenen Wasserstoffstrategie ist aber ein deutlicher Ausbau vorgesehen, wodurch zeitnah mit einem Verbesserungspotenzial zu rechnen ist. Im Ausland sind die Tankmöglichkeiten bislang noch schlechter, sodass ein Wasserstoffauto für die Fahrt in den Urlaub noch Zukunftsmusik zu sein scheint.
Fährt ein Wasserstoffauto emissionsfrei?
Der elektrochemische Prozess in der Brennstoffzelle selbst läuft emissionsfrei ab. Im Wesentlichen werden Wasserdampf und Wärme freigesetzt sowie kleine Mengen an NOx. Das bedeutet, dass die Umgebungsluft zu einem kleinen Grad verunreinigt wird. Klimaschädliches Kohlendioxid produziert ein Wasserstoffauto selbst hingegen nicht. Dieses kann aber eine große Rolle bei der Herstellung des getankten Wasserstoffs spielen.
Insofern ist bei der Bewertung der Umweltbilanz zu prüfen, ob grüner und somit klimaneutraler Wasserstoff zum Einsatz kommt. Wird er mit erneuerbarer Energie erzeugt, ist die Umweltbilanz gut. Das ändert sich aber schlagartig, wenn Erdgas für die Gewinnung von Wasserstoff zum Einsatz kommt.
Wie sicher ist ein Wasserstoffauto?
Zugelassene Wasserstoffautos können als sehr sicher gelten, da sie alle relevanten Sicherheits- bzw. Crashtests absolviert haben. Zu beachten ist aber, dass Wasserstoff als sehr flüchtiges Gas eine große Zündfähigkeit aufweist. Daher sehen Richtlinien für die Typgenehmigung solcher Wasserstofffahrzeuge strenge Sicherheitsrichtlinien vor. Konstruktionsbedingt stehen daher die Dichtigkeits-, Druck-, Feuersicherheits- und Erstprüfung im Fokus.
Was spricht gegen Wasserstoffautos?
Strom oder Wasserstoff bzw. Brennstoffzelle: Vielleicht fragst du dich nun, in welche zukünftige Mobilitätsform du investieren solltest? Experten haben große Zweifel daran, ob sich das Wasserstoffauto als Massenprodukt durchsetzen können wird. Das ist technisch mit dem eher geringen Wirkungsgrad der Brennstoffzellentechnologie zu begründen. Dieser liegt bei Brennstoffzellenautos nur bei etwa 25 bis 30 %, wohingegen Elektroautos Wirkungsgrade von etwa 70 % erreichen. Zukünftige Innovationssprünge werden zeigen, ob das Wasserstoffauto sein Schattendasein in einem kleinen Nischenmarkt verlassen wird.
Was kosten 100 km Reichweite mit einem Wasserstoffauto?
Diese Frage brennt auch dir sicherlich unter den Nägeln, da sie einen direkten Vergleich zu Verbrennungsmotoren und reinen Stromern erlaubt. Momentan sind die Kosten in etwa vergleichbar, sodass sich aus Wasserstoff beim Tanken kein immenser Kostenvorteil ergibt. Ein Kilogramm Wasserstoff, der für 100 km im Schnitt reicht, kostet ca. 9 bis 10 Euro. Letztlich bleibt abzuwarten, wie sich die Preise für Wasserstoff entwickeln werden. Mit Blick auf die Umweltbilanz müsste großflächig grüner Wasserstoff zum Einsatz kommen, der naturgemäß teuer ist.
Fazit: Wasserstoffauto kaufen oder lieber E-Auto fahren?
Nach dem beschlossenen Aus für Verbrenner scheinen E-Autos die Zukunft zu sein. Du kannst die Funktionsweise von Wasserstoffautos und die Infrastruktur nun im Vergleich besser einordnen.
Gegen ein Wasserstoffauto sprechen momentan vor allem die hohen Preise, weniger Modelle, das sehr dünne Netz an Wasserstofftankstellen und der geringe Wirkungsgrad. Es bleibt abzuwarten, ob die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung für einen neuen Schub im Bereich der Wasserstoffmobilität sorgen wird.
Momentan handelt es sich noch um einen Nischenmarkt. Die Fahrzeuge sind zwar sicher und technisch ausgereift, haben mit Blick auf den Wirkungsgrad aber noch viel Luft nach oben für technische Innovationen. Es ist durchaus möglich, dass das Zeitalter der Wasserstoffautos erst in einigen Jahren/Jahrzehnten beginnt.