Konzeptreifen gibt es schon viele. Aber was Michelin mit seiner Rad-Reifenstudie “Visionary Concept” aufzeigt, könnte in Zukunft nicht nur die Technik, sondern auch Industrie und Handel nachhaltig verändern. Er kommt ohne Luftdruck aus und ist pannensicher. Okay nichts Neues, da gibt es einige, die sogar schon einsetzbar sind, neben anderen auch von Michelin. Aber die herausragenden Merkmale des neuen Konzeptreifens sind eine biologisch abbaubare Lauffläche, die nicht nur jederzeit per 3-D-Druckverfahren erneuert, sondern auch vom Winterreifen zum Sommerreifen und umgekehrt umgestaltet werden kann.
Der Reifen, der aus dem Drucker kam
Reifen und Felge in einem
Die Vision von Michelin verkörpert nicht nur den Reifen, sondern gleich das ganze Rad und verschmilzt zu einer Einheit - eine Felge fällt weg. Und dann soll auch noch diese Rad-Reifen-Kombination über den ganzen Lebenszyklus der Fahrzeuges hinweg ausgelegt sein, wie Michelin klarstellt. So lange hält bis jetzt noch kein Reifen.
Hohlräume und Verästelung schaffen Federungskomfort. In der Praxis müsste das abgedeckt werden, damit sich die Hohlräume nicht zusetzen.
Federungskomfort durch Hohlräume
Der Reifen kann noch viel mehr: Er ist natürlich pannenresistent, weil ein Druckverlust nicht möglich ist. Dafür sorgt das widerstandsfähige Geflecht der “bionischen Wabenstruktur”, das seine Vorbilder in der Natur hat. Meereskorallen nennt Michelin hier als Beispiel. Trotzdem soll dieser auch Dämpfungseigenschaften auf die Straße bringen. Denn rund um die Radnabe reduzieren sich die Hohlräume zwischen den Verästelungen und zur Lauffläche hin werden die Zwischenräume größer, das Material wird nachgiebiger und erlaubt maximalen Federungskomfort. Noch ein Vorteil: Der Reifen, so Michelin, besteht aus Recyclingmaterial und ist in vollem Umfang wiederverwertbar - eine grundlegende Neuheit, denn herkömmliche Reifen, so klein man sie auch schreddert, so bunt man sie anmalt, bleiben im Material ewige Zeiten unverändert, sofern sie nicht energetisch - also verbrannt - verwertet werden. Die Fahreigenschaften jedenfalls, so Michelin, sollen gleich bleiben.
Sommer- und Winterreifen in einem
Noch eine wesentliche, hochinteressante Neuheit: Wenn der Reifen abgefahren ist, lässt sich per 3-D-Printverfahren ein neues Profil aufdrucken, angeblich in Minutenschnelle. Das Tolle daran: Der Autofahrer kann bei Bedarf auf einen anderen Reifentyp wechseln. So wird ein Sommerreifen zum Winterreifen oder er erhält ein Offroad-Profil. Rohstoffe werden dabei nur so viel wie nötig eingesetzt, nichts wird verschwendet.
Freie Wahl des Reifentyps: Das Profil lässt sich wahlweise als Sommer- oder Winterprofil erneuern.
Auswahl des Profils durch eine App
Fehlt eigentlich nur noch die Einbindung ins Netz. Aber auch das schafft der Michelin Visionary Concept. per App auf dem Smartphone. So kann der Fahrer alle entscheidenden Informationen abrufen und den Neudruck der Lauffläche schon mal in die Wege leiten.
Das Rad neu erfunden und den Reifen gleich mit: Michelin Visionary Concept.
Fazit
So manche visionäre Idee wurde zuerst verlacht und wurde dann doch zum Standard. So sah Kaiser Wilhelm II die Zukunft der Mobilität um 1900 im Sattel und nicht am Lenkrad: “Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung. Die Zukunft gehört dem Pferd.” Es kam anders, wie wir wissen. Nun ja, nicht nur hier irrte der Monarch. Michelins Konzeptreifen könnte dennoch die ganze Reifenbranche umkrempeln: die Industrie produziert weniger, der Autofahrer spart sich den Wechsel, die Umwelt wird weniger belastet. An einem muß Michelin aber noch mächtig feilen: Am Design. Und der Handel? Der braucht dann einen 3-D-Drucker.
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