In vielen kleinen Schritten geht in den Zwanziger und Dreißiger Jahren die Entwicklung des Reifens hin zum heutigen alltäglichen Gebrauchsprodukt voran: Reifen besitzen ein Rillenprofil, Verbesserungen am Wulst durch Stahlkord sorgen für festeren Sitz auf der Felge und im Bau der Karkasse kommen neue Materialien zum Einsatz: Rayon und Nylon ersetzen Baumwolle in den Kordlagen und bieten gleichzeitig mehr Flexibilität und mehr Stabilität. Diese Maßnahmen erhöhen auch die Haltbarkeit gegenüber Verletzungen, denn bis dahin war die Entwicklung des Reifens auch ein Kampf gegen die Pannenanfälligkeit, die für die Entstehung einer neuen Wirtschaftsbranche sorgte.
Die Reifenbranche entsteht
Neben dem neuen Industriezweig der Reifenhersteller (Continental in Hannover, Metzeler in München, Veith im Odenwald oder bei den Deutschen Kabelwerken AG “DeKaWe” in Berlin) bildet sich auch ein neuer Servicezweig in Werkstätten, die sich der Reparatur und dem Ersatz von Reifen widmen. Die Grundlage für das handwerkliche Berufsbild eines Vulkaniseurs entsteht, indem der Reifenservice sich aus den Bereich der Hufschmiede, Wagner und Stellmacher löst. Und die entstehende Reifenbranche schafft sich schon in diesen frühen Jahren vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung in der Reifentechnik ein eigenes Fachorgan mit dem Titel “Gummibereifung”.
Synthetisches Rohmaterial
Seit 1925 kommen auch die Arbeiten an der Kautschuksynthese wieder in Gang, weil der Bedarf am so wichtigen Rohmaterial Naturkautschuk massiv wächst. Vor allem im rohstoffarmen Deutschland wird die Forschung vorangetrieben, um im nationalsozialistischen Deutschen Reich die Unabhängigkeit - Autarkie - der Wirtschaft von Importen, insbesondere Naturkautschuk, zu erreichen. Tatsächlich gelang die industrielle Synthese mit verwertbaren Eigenschaften. Die Produktion in den BUNA-Werken bei Schkopau, dem weltweit ersten Werk zur Herstellung von Synthesekautschuk, startete 1936, die Massenproduktion kommt 1939 in Gang und erreicht 1942/3 mit 117 Tausend Tonnen ihren Höhepunkt bis zum Produktionsstopp am Ende des 2. Weltkrieges. Die USA beginnen erst 1942 ein Entwicklungsprogramm zur Herstellung von Synthesekautschuk, können aber sehr schnell, noch vor Ende des Krieges große Mengen herstellen. Ebenfalls noch vor Ende des Krieges erhält Continental das Patent für den schlauchlosen Reifen und legt damit eine wichtige Grundlage für den heutigen Status Quo.
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