Abgefahrene Reifen können bei Unfällen zu einem wichtigen Faktor werden, wenn es um die Schuldfrage geht. Und auch die Versicherung zahlt mitunter nicht, wenn bei Ihrem Fahrzeug die Profiltiefe zu klein ist. Diese Ausnahmen und rechtlichen Details sollten Sie für den Ernstfall kennen...
Abgefahrener Reifen - bei Unfällen für die Versicherung interessant
Kann Vergessen Sünde sein?
Das kann jedem mal passieren: für Ihren Wagen steht dringend eine neue Bereifung an. Sie hatten sich schon einen Testbericht heruntergeladen, wollten sich darum kümmern, doch wie es im Alltag so ist, plötzlich war wieder so vieles Andere zu tun und am Ende haben Sie es einfach vergessen. Plötzlich dann das Missgeschick: Sie haben einen Unfall, die Polizei prüft Ihr Fahrzeug und stößt auf mangelnde Profiltiefe. Die Versicherung will nicht zahlen. Was für ein Riesenpech! Ist da noch was zu machen?
Profiltiefen, Punkte und Preise
Der Tatbestand ist klar: wer ein Fahrzeug führt, hat dafür zu Sorgen, dass die Reifen nirgends die gültige Mindestprofiltiefe von 1,6 mm unterschreiten. Diese ist zu messen im Hauptprofil, also in der Mitte des Reifens. Wem das egal ist, dem drohen im Falle einer Kontrolle ein Punkt in Flensburg und ein Bußgeld von bis zu 75 EUR.
Doch damit nicht genug: wer über diesen Sachstand Bescheid weiß und dennoch mit seinem Fahrzeug fröhlich weiter fährt, handelt fahrlässig und macht sich außerdem der „Gefahrenerhöhung“ im Sinne des § 23 Absatz 1 VVG schuldig. Passiert dann ein Unfall, ist die Versicherung im Prinzip erstmal fein aus und muss nicht zahlen. Aber nicht so schnell: folgende Fragen müssen vorher geklärt werden.
Umstände und Rechtslage
Natürlich ist der Halter verpflichtet auf einen sachgemäßen Zustand seines Fahrzeugs zu achten. Aber hier gibt es Graubereiche. Ist das Profil deutlich zu stark abgenutzt, oder vielleicht nur in Teilen, also erst seit Kurzem? Wurden vielleicht gerade erst Winterreifen aufgezogen und diese vorher nicht geprüft? Hat er also möglicherweise von dem Mangel nichts gewusst? Oder anders herum: kann ihm ein Wissen darüber wirklich nachgewiesen werden? Im letzteren Fall müsste der Halter den Schaden wohl komplett übernehmen.
Auch ist zu prüfen, ob der Unfall überhaupt etwas mit den Reifen zu tun hatte? In einem Fall des OLG Saarbrücken hatte sich der Unfall auf nasser Straße ereignet. Das ein Reifen mit abnehmender Profiltiefe zunehmend in der Nasshaftung nachlässt und so auch für Aquaplaning anfälliger wird, gilt als gesichert. So musste in diesem Fall der Halter den Schaden komplett übernehmen. Wenn aber bloß ein Stoppschild übersehen wurde, sieht die Sache eventuell schon ganz anders aus.
Ein weiterer Sonderfall würde eintreten, wenn der Halter womöglich sogar auf dem Weg zu einem Reifenwechsel war.
Wenn einer oder mehrere dieser Tatbestände gelten, kann der Fahrer auf anteilige oder komplette Übernahme durch die Versicherung hoffen!
Fazit zum Thema Reifenversicherung
Dennoch lohnt es sich nicht, einen Reifenkauf aufzuschieben. Unlängst verunglückte auf der A7 ein Auto mit abgefahrenen Reifen - und Todesfolge für den Beifahrer. Der Fahrer musste sich nun vor Gericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten und wurde zu einer Haftstrafe von acht Monaten verurteilt. Spätestens ab einer Profiltiefe von 3 mm, wird ein Reifenwechsel vom Spezialisten empfohlen. Im übrigen steht es seit Längerem zur Debatte, ob die Mindesttiefe nicht ohnehin angehoben werden sollte, da das eine höhere Sicherheit bieten würde.
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